Die leisen Töne der Hoffnung

■ Deutsche TeilnehmerInnen des internationalen Gulf Peace Team berichten über ihr Friedenscamp im irakischen Aŕar: „Wir bleiben — mindestens bis zum 15. Januar“

Wachsende Kriegsangst, aber auch die Hoffnung auf eine doch noch friedliche Lösung der Krise am Golf kennzeichnen nach Aussagen von Teilnehmern des „Gulf Peace Team“, eines von London aus koordinierten internationalen Friedenscamps im Irak, die Stimmung im Lande Saddams. Bei Kindern und Jugendlichen sei eine Tendenz zu beobachten, gar nicht erst zur Schule zu gehen, „weil wir ja ohnehin bald nicht mehr leben werden“.

Eine Handvoll deutscher Aktivisten war gerade von ihrem „Einsatz“ in Aŕar, 420 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Bagdad und unmittelbar an der Pilgerstraße nach Mekka gelegen, zurückgekehrt. Andere befanden sich gerade auf dem Weg in den Irak. Sie berichteten anläßlich eines Pressegesprächs der „Initiative Frieden am Golf“ am Freitag in Frankfurt von ihren Eindrücken und Beweggründen.

Das Camp in Aŕar, direkt an der Grenze zu Saudi-Arabien, also unmittelbar zwischen den Fronten, ist zur Zeit turnusmäßig mit dreißig bis vierzig Personen jeden Alters aus über zwanzig Ländern besetzt. Bis zum 15. Januar wollen sie auf jeden Fall ausharren.

Sehr unterschiedliche Motivationen

In bester Friedensbewegungstradition gehören die deutschen Friedenskämpfer den unterschiedlichsten politischen, sozialen und religiösen Gruppierungen und Berufsgruppen an, vom Tierarzt bis zum katholischen Priester, von der Studentin bis zur Psychologin. Die 77jährige Elisabeth Schaumann-Schwarz aus Trier, die die Bombardierung Dresdens am Ende des Zweiten Weltkriegs überlebt hat, sieht ihren Einsatz im Krisenherd ganz nüchtern: „Schlimmer als die Hölle von Dresden kann das auch nicht werden.“ Elke Buls-Puttich (44) aus Kiel hat mit ihren drei Kindern zwischen 13 und 24 Jahren alle Eventualitäten durchdiskutiert — einschließlich der, nicht mehr nach Hause zurückzukehren. Für sie gilt im Engagement für den Frieden der Grundsatz: „Wir dürfen nicht aufhören, besser zu werden, sonst hören wir auf, gut zu sein.“

„Es wird schon nicht zum Äußersten kommen“

Offenbar bedarf es zur Teilnahme an einer solch heiklen Mission einer guten Portion Schicksalsergebenheit — oder auch eines nur noch religiös erklärbaren Optimismus; viele Mitglieder der deutschen Initiative kommen aus kirchlichen Gruppen. Bei einigen dieser Aktivisten klingt das dann so: „Es wird schon nicht zum Äußersten kommen“ oder: „Und wenn es im letzten Moment sein sollte — uns wird schon noch jemand rausholen kommen“. Der 85jährige Jurist Hans-Joachim Lemme aus Frankfurt hatte sein Schlüsselerlebnis beim Widerstand gegen die Startbahn-West. Seit dieser Erfahrung ist er auch bei Friedens- und Abrüstungsaktionen dabei.

So verschieden die persönlichen Motive auch sein mögen, einigendes Moment ist die Überzeugung, daß es nichts Schlimmeres gibt als den Krieg. Daß sie nur wenige sind — über die zudem die Bomben zuallererst hinwegfegen werden, das schreckt sie offenbar nicht; es sind die leisen Töne der Hoffnung, die sie in ihrem Engagement bestärken. Bernhard Winkler