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OKTAY RIFAT

Nazim Hikmet revolutionierte das türkische Gedicht, holte es Anfang der dreißiger Jahre vom höfischen Himmel herunter, befreite es von allen metrisch-formalen Fesseln der Divanpoesie und stellte es mitten in die anatolische Wirklichkeit. In seinem Gefolge gelang dann drei türkischen Dichtern — Orhan Velil Kanik, Melik Cevdet Anday und Oktay Rifat — ein zweiter Durchbruch. Mit dem gemeinsam veröffentlichten Buch Garip wurden sie 1941 schnell bekannt und sind inzwischen als „die Fremdartigen“ in die türkische Literaturgeschichte eingegangen. In einem Rundumschlag gegen die Tradition befreiten sie die lyrische Sprache radikal von historischem Ballast, von Metapher und bildhaftem Sprechen und versuchten, das Wort auf sich selbst zurückzuführen. Das Gedicht wird dem Volk zugedacht. Vor allem der früh verstorbene Kanik und der 1914 in Trabezunt geborene, 1988 in Istanbul gestorbene Oktay Rifat verwirklichten in knappen, einprägsamen Gedichten von unauffälliger Meisterschaft dieses Programm.

Rifat (übrigens ein Cousin Nazim Hikmets), der in Paris studiert hatte und später lange Zeit juristischer Berater der türkischen Eisenbahnen war, fing 1941 mit kurzen lakonischen Gedichten an, in denen Sprichworte und der Straße abgelauschte Wortspiele den Rhythmus und die Bildabfolge beeinflußten. Im Vordergrund standen die unmittelbare Anschauung der Dinge, Spontaneität und Einfachheit. Später wandte sich Rifat stärker sozialen und politischen Themen zu, aber auch in längeren und abstrakteren Gedichten blieb er den Alltagsworten treu, die er mit ungewöhnlichem Sinn aufzuladen versteht.

Sein Werk ist in Frankreich und in den USA weit bekannter als hier; in der Türkei hat er die jüngeren Dichtergenerationen bis heute beeinflußt. Joachim Sartorius

Bibliographischer Hinweis:

11 Gedichte in der Anthologie Die Wasser sind weiser als wir, hrsg. von Yuksel Pazarkaya, München 1987

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