: Die Korbjäger der blanken Brust
Mit einem 116:87-Sieg gegen Tel Aviv wahrten Charlottenburgs Basketballer ihre Europacupchance ■ Aus Berlin Matti Lieske
Die Basketballer des BC Charlottenburg hatten vor ihrem Heimspiel gegen Hapoel Tel Aviv in der Viertelfinalrunde des Korac-Cups nur eine Sorge: bloß keinen schnellen Rückstand einfangen. Solches war ihnen in den letzten wichtigen Begegnungen stets widerfahren, beim 69:92 in Tel Aviv beispielsweise hatten sie nach drei Minuten schon 0:11 zurückgelegen — ein kurzer Tiefschlaf, der bereits das Match kostete.
Von 3.000 völlig aus dem Häuschen befindlichen Zuschauern in heimischer Halle mit Paukenschlägen und Händeklatschen vorangetrieben, drehten sie am Mittwoch den Spieß um. Die israelischen Gäste, die beim Warmspielen das Publikum noch mit einem lockeren, internen Dunking-Wettbewerb erfreuten, hatten sich noch gar nicht richtig in Positur gestellt, da lagen sie schon 0:8 zurück — und hätten die Berliner in dieser Phase ein wenig mehr Wurfgenauigkeit an den Tag gelegt, dann hätte sich Coach Faruk Kulenovic nicht so heftig die Relikte seiner Haarpracht raufen müssen und das Debakel für Tel Aviv wäre noch verheerender ausgefallen.
Erst nach vier Minuten glückte dem Amerikaner David Henderson der erste Korb für das verwirrte Team aus Israel — durch einen umstrittenen Freiwurf. Bei Halbzeit führten die Charlottenburger mit 51:35, doch es kam noch herber für Hapoel. Fest entschlossen, den 23- Punkte-Rückstand des Hinspieles wettzumachen, was bei Punktgleichheit der beiden Teams den Ausschlag zugunsten der Berliner geben würde, ließ der BC jegliche Gastfreundschaft vermissen und brach wie ein Steinschlag über den hilflosen Besuch aus Tel Aviv herein.
Immer wieder wurden die Würfe der Herren Frishman, Lee oder Terry im Hapoel-Trikot abgeblockt, und nur gelegentlich geriet die Miene Kulenovics, der ohnehin stets dreinblickt, als habe er gerade ein Kilo Zitronen verschluckt, noch eine Spur säuerlicher — dann nämlich, wenn seine oft ein wenig tölpelhaft wirkenden Abwehrbollwerke Sven Meyer und Lutz Wadehn unnötig in der Gegend herumfoulten. Wadehn hatte sich schon vier Minuten nach der Halbzeit mit seinem fünften persönlichen Foul aus dem Match befördert, Meyer folgte kurz vor Schluß. Vorteilhaft für Charlottenburg war, daß sich David Henderson, der weitaus beste Hapoel-Spieler ebenfalls frühzeitig hinausfoulte.
Und dann war da noch Berlins jugoslawischer Star Zoran Radovic: eine Augenweide am Basketball, betörend seine Ruhe, berückend seine Pässe, bezaubernd seine blitzschnellen Vorstöße. In der ersten Halbzeit hatte er bereits überragend gespielt, in der zweiten, als die Berliner eine Zeitlang beschlossen, nur Dreipunktewürfe zu vollführen, lief er zu Glanzform auf. 30 Punkte erzielte Radovic insgesamt und fand dabei immer noch genügend Muße für ein Augenzwinkern hier, ein Lächeln dort. Glänzend assistiert wurde er vor allem vom eingewechselten Horst Schmitz (16 Punkte) und dem fanatischen Dreipunktwerfer John Dronsella (26).
Nach dem 116:87 gegen Tel Aviv stehen die Chancen nun gar nicht schlecht, zumindest als Gruppenzweiter das Halbfinale zu erreichen. Vielleicht könnte dann sogar das drückendste Problem der Charlottenburger, die noch in Caserta und zu Hause gegen Zagreb antreten müssen, endlich gelöst werden: ihre blanke Brust, die bislang von keinem Sponsor als genügend werbeträchtig erachtet wurde.
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