: Personalkarussell bei der FDP
Möllemann, Solms, Adam-Schwätzer, Rexroth: Wer wird was in der FDP? ■ Von Matthias Geis
Berlin (taz) — Bei Helmut Kohl und der CDU kommt Freude auf. Zwar macht die Koalition bei dem Sachthemengezerre um die künftige Regierungspolitik eine denkbar schlechte Figur; doch angesichts der eskalierenden Personalkämpfe beim kleineren Regierungspartner FDP rückt selbst das allgemeine Unvermögen sich zu einigen in den Hintergrund.
Die bösen Ahnungen führender Unionspolitiker am Wahlabend, die FDF könne ihren Wahlerfolg nutzen, um in den Koalitionsverhandlungen öffentlichkeitswirksam ihre Vorstellungen durchzusetzen, haben sich bislang nicht erfüllt.
Öffentlichkeitswirksam profiliert sich die FDP derzeit lediglich als Sammelbecken ambitionierter NachwuchspolitikerInnen, die sich gegenseitig die begehrtesten Posten im Kabinett und der Fraktion streitig machen. Parteichef Lambsdorff agiert zusehends ungeschickter bei dem Versuch, sein Personaltableau gegen die widerstreitenden Interessen der Möllemanns, Adam-Schwätzers, Solms' und Rexrodts durchzusetzen. Kampfabstimmungen um Fraktionsvorsitz sowie das Wirtschafts- und Justizressort scheinen nicht mehr zu verhindern.
Ginge es noch nach den Vorstellungen des Grafen, würde FDP- Schatzmeister Hermann Otto Solms als Nachfolger des bereits abgetretenen Helmut Haussmann ins Wirtschaftsministerium einziehen. Genscher-Zögling Jürgen Möllemann, der in seiner jetzigen Funktion als Bildungsminister immer wieder über Kompetenzlosigkeit klagte, soll den Fraktionsvorsitz übernehmen. Die Staatsministerin im Außenministerium könnte, so Lambsdorffs Kalkül, mit einem noch nicht näher definierten Ressort im Kabinett abgefunden werden. Als gelernte Apothekerin fehlt ihr allerdings die Kompetenz fürs klassische Liberalen-Ressort Justiz. In Frage käme bestenfalls das Gesundheitsministerium.
Pech für Lambsdorff: alle drei haben andere Karrierepläne. Allen voran Fallschirmspringer Jürgen Möllemann, der die Postendebatte frühzeitig eröffnete. Aus seinem Anspruch auf die Lambsdorff-Nachfolge als FDP-Chef 1993 leitete er seine aktuelle Forderung nach dem Wirtschaftsressort ab: Das „gewichtige“ Ressort, so Möllemann, sei genau richtig, um sich als künftiger Liberalen-Chef angemessen zu profilieren.
Dafür zieht Irmgard Adam- Schwaetzer den strategischen Posten der Fraktionsvorsitzenden einem zweitklassigen Kabinettsressort vor. Die Staatsministerin, wie Möllemann ein Schützling des Außenministers, möchte sich für ihre gescheiterte Kandidatur um den Parteivorsitz gegen Lambsdorff revangieren und auf dem Umweg über die Fraktion zentralen Einfluß auf die Politik der Liberalen gewinnen.
Das möchte auch Solms. Der lupenreine Wirtschaftsliberale, der nach dem Willen des Parteichefs die Serie glückloser FDP-Wirtschaftsminister durchbrechen soll, weigert sich bisher standhaft. So werden Solms und Adam-Schwaetzer auf der entscheidenden Sitzung von Fraktion und Parteivorstand am kommenden Dienstag gegeneinander antreten. Der Verlierer wird dann notgedrungen ins Kabinett einziehen.
Doch auch wenn sich Solms als Fraktionschef durchsetzt, droht Möllemann Konkurrenz: Überraschend hat der Berliner Landesverband den ehemaligen Finanzsenator der Stadt als Kandidaten für das Wirtschaftsressort nominiert. Auch hier scheint die Kampfabstimmung unvermeidlich. Rexrodt werden gute Chancen gegen Möllemann eingeräumt.
Zu guter letzt bleibt dem staunenden Publikum auch der bereits klassische Konflikt um die Zukunft des sozialliberalen Sprengels in der FDP- Fraktion nicht erspart. Während beim letzten Mal der ehemalige Innenminister Gerhart Baum am profillosen Amtsinhaber im Justizministerium Hans Engelhard scheiterte, versucht es diesmal Baum-Intimus Burkhard Hirsch gegen den parteilosen Justizstaatssekretär Klaus Kinkel.
Wie auch immer die Entscheidungen im einzelnen ausfallen; Parteichef Lambsdorff hat sich mit seinen Vorstellungen öffentlich weit vorgewagt. Scheitert sein Personalkonzept an den anderslautenden Ambitionen der Protagonisten oder an den Mehrheiten in der Partei ist der autoritäre Vorsitzende blamiert. Am Ende könnte der forsche Graf selbst ins Zentrum einer Personaldebatte geraten. An Nachfolgern, soviel ist sicher, wird es der FDP nicht mangeln.
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