piwik no script img

Bundesregierung setzt auf überregionale Lösung

■ Genscher hofft auf Vermittlungsbemühungen der EG

Bonn (afp/ap) — Die Bundesregierung sieht auch nach dem Scheitern der Gespräche zwischen US-Außenminister James Baker und seinem irakischen Kollegen Tarik Asis noch Chancen für eine friedliche Lösung der Golfkrise. Es müsse jetzt alles versucht werden, „um dem Irak in der bis zum 15. Januar verbleibenden Zeit den vollen Ernst der Lage zu verdeutlichen“, erklärte Regierungssprecher Dieter Vogel am Donnerstag in Bonn. Außenminister Genscher sieht noch Bewegungsspielraum für eine friedliche Beilegung der Golfkrise. In einem Interview des Hessischen Rundfunks begrüßte Genscher die bevorstehende Reise des UNO-Generalsekretärs Perez de Cuellar nach Bagdad. Diese Mission sei auch deshalb gut, weil der Generalsekretär seine Autorität in den Bemühungen um eine friedliche Lösung noch nicht verbraucht habe. Auch die EG werde in den nächsten Tagen ihre Verantwortung für eine Beilegung der Krise wahrnehmen. Über Ort und Zeitpunkt von Gesprächen zwischen dem Irak und der EG lägen noch keine Informationen vor. „Aber der Vorschlag Algiers zeigt“, so Genscher, „daß die EG bereit ist, in der Form alles Denkbare zu tun, um ein solches Gespräch möglich und auch für die andere Seite akzeptabel zu machen.“ Zu Zeitungsberichten, wonach die Bundesregierung die Nato-Partner stärker als bisher im Golfkonflikt unterstützen wird, sagte Genscher, Bonn werde sich auch in Zukunft an den finanziellen Lasten beteiligen. Über Größenordnungen sei noch nicht gesprochen worden. Die 'Berliner Morgenpost‘ hatte in ihrer Donnerstagausgabe berichtet, Bonn wolle den US- Streitkräften am Golf unter anderem 24.000 Schuß Panzermunition im Wert von 59 Millionen Mark als Sachdarlehen zur Verfügung stellen.

Als bedrückend und besorgniserregend hat der SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel die Nachrichten aus Genf bewertet. „Es ist zu befürchten, daß die Golfregion dadurch der Katastrophe eines Krieges ein weiteres Stück näher gekommen ist“, sagte Vogel am Donnerstag in Bonn. Es müsse jetzt alles getan werden, um eine Entwicklung abzuwenden, die zu unabsehbaren Folgen führen kann. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Meyer, hat die Bundesregierung während seiner Neujahrspressekonferenz am Donnerstag aufgefordert, alles zu tun, „daß die nächsten Tage nicht zum Countdown für den Krieg“ am Golf werden. Die Wirtschaftssanktionen hätten „bei weitem noch nicht ihre volle Wirksamkeit erreicht“ und könnten „noch intensiviert werden“, sagte Meyer. Von der Regierungserklärung am Montag erwarte er einen Beitrag „im Sinne einer politischen Handhabung der Krise und gegen ihre Verengung auf militärische Optionen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen