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Hype and Glory

Kaum kehrte Ben Johnson nach dopingbedingter zweieinhalbjähriger Pause auf die Laufbahn zurück, da war schon wieder der Sheriff hinter ihm her. Bei seinem ersten Auftritt im kanadischen Hamilton verlor der gebürtige Jamaikaner einen Fünfzigmeterlauf gegen Daron Council aus Florida, den schnellsten Gesetzeshüter der Welt. 17.500 Zuschauer waren in das ausverkaufte Copps Coliseum gekommen, um das Comeback des reuigen Dopingstrolches zu sehen, und sie feierten Johnson, als handle es sich eher um den Obermärtyrer der Leichtathletik als um einen ertappten Sportbetrüger. „Zeig's ihnen, Ben“ und „Ben, du bist der Größte“, verkündeten Transparente, und aus aller Welt waren insgesamt 500 Medienvertreter in die kanadische Provinz gekommen, um die Hype- and Glory-Show gebührend hochzujubeln.

Bei soviel Vorschußlorbeer hätte Ben Johnson, der 15.000 Dollar für seinen Start bekam, natürlich auch gern gewonnen. Er habe immer noch dasselbe Gewicht wie bei den Olympischen Spielen 1988, behauptete er kühn, aber obenrum war er deutlich erschlankt, und seine einstmals herkulischen Oberarme wirkten im Vergleich zu früheren Zeiten geradezu wie Streichhölzer. Drei Fehlstarts anderer Läufer heizten die Spannung zusätzlich an, und als das Feld dann endlich auf die Strecke ging, kam der sonst so explosive Starter Johnson ausgesprochen schlecht aus den Blöcken. „Es wird noch eine Weile dauern, bis ich in Bestform bin“, mußte er einsehen, „es ist noch ein langer Weg.“

Just zur selben Zeit hatte sich Carl Lewis einem äußerst peinsamem Test zu unterziehen. Ergebnis: 1,2 Promille, mit denen Lewis Auto gefahren war und einen Bordstein gerammt hatte. Die Auferstehungsnacht des Ben Johnson verbrachte dessen Erzrivale so in einem Knast in Houston/Texas.

Foto: Reuter

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