Gespannte Ruhe vor dem nächsten Sturm

■ In Griechenland gehen die Schülerproteste weiter

Athen (afp/taz) — Nach erneuten heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei im Anschluß an die Protestkundgebung der Schüler und Studenten vom Freitag beschloß die Gewerkschaft griechischer Lehrer, „Olme“, ihren Streik um drei Tage zu verlängern. Für gestern war ein erstes Gespräch mit Erziehungsminister Souflias angekündigt. Hauptforderung der Lehrer bleibt eine Erhöhung des Bildungsetats und die Aufhebung der geplanten Disziplinierungsmaßnahmen gegen Schüler.

Für heute wurde vom Verband der Angestellten und vom Beamtenbund ein zweistündiger Arbeitsausstand beschlossen. Für morgen haben die Gewerkschaftsverbände eine mit Spannung erwartete Massenkundgebung angekündigt, die sich gegen Sparmaßnahmen der konservativen Regierung Mitsotakis und das unverhältnismäßige Eingreifen der Polizei bei den Kundgebungen richtet.

Die Proteste gegen die geplante Schul„reform“ — erstaunlicherweise von den Schülern selbst initiiert — hatten vor mehr als einem Monat begonnen. Wochenlang hielten Schüler rund 2.000 Schulen im ganzen Land besetzt. Die Proteste eskalierten, nachdem am Dienstag vergangener Woche ein Lehrer von Anhängern der Regierungspartei „Nea Demokratia“ niedergeschlagen worden und an seinen Verletzungen gestorben war. Der daraufhin beschlossene zweitägige Lehrerstreik wird nun bis Mittwoch fortgesetzt.

Im Zuge der Schülerproteste sind in Griechenland andere Themen wie eine 15prozentige Erhöhung der Strompreise, Kürzungen der öffentlichen Ausgaben und das am Dienstag auslaufende Golf-Ultimatum an den Rand des Interesses gerückt. Zwar hat die Regierung Benzinrationierungen angekündigt, doch scheint die Golfkrise keine drastischen Auswirkungen im öffentlichen Bewußtsein zu haben. Sicherlich spielt dabei eine Rolle, daß Griechen ganz andere Erfahrungen mit Invasionen haben: Die türkische Invasion auf Zypern 1974 z.B. hat die westliche Welt auch nicht zu so dramatischen Reaktionen veranlaßt. Aber Zypern hat auch kein Öl, gell?! Anna Lazaridou