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Baden-Württemberg holt jetzt der Teufel

Als einziger Nachfolger für den Vorruheständler Lothar Späth bleibt der CDU-Fraktionsvorsitzende Erwin Teufel übrig/ Der badische Katholik steht für Solidität und konservatives Beharren/ Außerhalb des Landes ist er ein unbeschriebenes Blatt  ■ Aus Stuttgart Erwin Single

„Wenn Späth ins Fegefeuer gerät, dann kommt der Teufel.“ Was vor kurzem in der Landeshauptstadt noch als Kalauer kursierte, gilt jetzt als ausgemacht: Erwin Teufel, 41, stellvertretender CDU-Landesvorsitzender und seit 13 Jahren Fraktionschef im Landtag, wird nächste Woche bereits auf dem freigewordenen Sessel des Ministerpräsidenten Platz nehmen. „Wir wollen schnell zu Stuhle kommen“, drängte nicht nur Fraktions-Vize Haasis auf eine schnelle Personalentscheidung. Nachdem der populäre Stuttgarter OB Manfred Rommel abgewunken hatte und Innenminister Dietmar Schlee nicht in den Ring gestiegen war, blieb nur der bundesweit fast unbekannte Teufel übrig. Heute will die Fraktion den alleinigen Kandidaten absegnen; am Dienstag soll er dann als neuer Regierungchef vereidigt werden.

Zu seinem künftigen politischen Kurs befragt, setzt der designierte Späth-Nachfolger auf Kontinuität: „Ich bin nicht dafür, daß man alle paar Wochen die Schwerpunkte wechselt.“ Es gehen vielmehr darum, „mit langem Atem“ Antworten auf die gesellschaftlichen Herausforderungen zu geben, fügte der intellektuelle Landes-Parteivordenker Teufel bei, sein Ziel sei es, mit Sacharbeit zu überzeugen und eine glaubwürdige Politik zu machen. Ihm fehlt die Ausstrahlung seines gestolperten Vorgängers; anders als der schnelldenkende und umtriebige Polit-Sponti Späth verkörpert der leise Katholik Teufel geradezu den Inbegriff an Bedächtigkeit und Solidität. Nicht wenige fürchten, daß mit dem prinzipienfesten und vorsichtig- mißtrauischen Südbadener wieder ein konvervativerer Geist in die Landespolitik einzieht. Teufel gilt als orthodoxer Anbhänger der katholischen Soziallehre — so schlug er beim Paragraphen 218 und in der Familienpolitik stets bewahrende Töne an, gab sich aber in der Ausländerpolitik liberaler als sein Vorgänger Späth. Jahrelang lieferten sich die beiden auch landespolitisch ein Kontrastprogramm, das erst in Harmonie endete, als Späth 1989 nach der mißglückten Kanzlerintrige aus dem CDU-Bundespräsidium flog. Teufel, der lange Zeit als treuer Gefolgsmann Kohls zählte, soll sich über den Kanzler geärgert haben, weil er ihn nicht zu seinem Generalsekretär kürte.

Innerhalb der CDU trat Teufel, der seine Fraktion fest in der Hand hält, mehrfach als geübter Krisenmanager auf, der Konflikten nicht ausweicht, sie aber lieber hinter den Kulissen löst. Der einstige Innen- und Umwelt-Staatssekretär bewies auch Geschick im Umgang mit Affären: Dem Vorwurf, er habe damals eine Sondermülldeponie seinem Wahlkreis zugeschoben, konnte er sich gewandt entziehen. Und gegen Skandale à la Späth dürfte Teufel ohnehin gewappnet sein: Er würde lieber in einer Jugendherberge auf eigene Kosten übernachten, als auf Kosten anderer zu reisen, sollen bereits Parteifreunde gespottet haben.

Inzwischen deutet einiges darauf hin, daß Späth mit seinem raschen Rücktritt einer völligen Demontage rechtzeitig zuvorkommen wollte. Späth wird nun auch von der „SÜBA-Affäre“ seines Skat-Spezis, des Mannheimer Baulöwen Hans Schlampp eingeholt, über die 1982 der damalige Landtags-Vizepräsident und Späth-Geschäftspartner Lothar Gaa (CDU) gestürzt war. Wie der 'Stern‘ vorab meldete, bestehe der Verdacht, daß Späth auch auf Privatkosten des SÜBA-Baugesellschafter Schlampp gereist sei. Schlampp, der unlängst wegen versuchten Betrugs veruteilt wurde, hatte sich vom Land einen 10-Mio.- Kredit erschlichen, den Späth befürwortet hatte. Laut 'Stern‘ soll die Mannheimer Staatsanwaltschaft die Steuerfahnder um „äußerste Diskretion“ der Sache Späth ersucht haben. SPD, FDP und Grüne wollen die SÜBA-Angelegenheit im bevorstehenden parlamentarischen Untersuchungsausschuß neu aufrollen. Bei der Stuttgarter Staatsanwaltschaft sind indes mehrere Strafanzeigen wegen Vorteilsannahme gegen Späth gestellt worden. Wie die Ankläger mitteilten, werde jedoch erst bei begründetem Verdacht ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

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