Maßnahmen zur Sicherung der „inneren Front“ in Ägypten

Kairo (taz) — Während innerhalb der letzten 24 Stunden bereits der zweite amerikanische Flugzeugträger den Suezkanal in Richtung Golf durchquert, ist die Stimmung in der ägyptischen Hauptstadt angespannt, aber Panik ist nicht zu spüren.

Gestern, Punkt Mitternacht, übertrugen alle Fernsehstationen eine Rede von Präsident Mubarak, die als sein letzter Appell an den irakischen Präsidenten Saddam Hussein gilt. Mit dramatischer Stimme vorgetragen, enthielt sie wenig Neues: „Der irakische Präsident kann als einziger eine Entscheidung treffen, die das irakische und das gesamte arabische Volk vor einer Katastrophe bewahrt.“ Von Ägypten sind offenbar keine weiteren Initiativen zur Verhinderung eines Golfkrieges zu erwarten. Selbst der französische Vorschlag fand hier keine große Resonanz. Die amtliche ägyptische Presse hält sich ohnehin zurück, wenn es darum geht, die Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, zu kommentieren.

Einen vom jemenitischen Außenminister am Samstag in Kairo vorgelegten Vorschlag lehnte die ägyptische Regierung ab. Der Jemen hatte vorgeschlagen, daß sich die ausländischen Truppen aus dem Golfgebiet zurückziehen sollten, im Falle, daß Saddam Hussein einen Rückzug der irakischen Truppen angekündigt würde. Auch das Drängen von Jemen und Jordanien, Ägypten solle doch seine guten Beziehungen zur USA benutzen und Bush zu einer Verlängerung des Ultimatums veranlassen, blieb ohne Wirkung. Beobachter in Kairo nehmen an, daß die ägyptische Regierung kein Interesse an Verhandlungen hat und einen Krieg gegen seinen größten arabischen Konkurrenten nicht ungern sieht.

In einem Treffen am Tag vor Ablauf des Ultimatums beschloß der ägyptische Ministerrat mehrere Maßnahmen zur Sicherung der „inneren Front“. Damit stehen die Zeichen in Ägypten auf Krieg. Der ägyptische Innenminister ordnete eine Koordinierung der Streitkräfte mit den Provinzen, Ministerien und staatlichen Institutionen im Bereich der zivilen Verteidigung an. Der Gesundheitsminister kündigte Präventivmaßnahmen im Bereich der ersten Hilfe und eine ständige Kontrolle des Trinkwassers an. Die oppositionelle Tageszeitung 'al-Wafd‘ schreibt, daß die Krankenhäuser im Moment bemüht sind, freie Plätze zu schaffen. Dies gelte besonders für die Krankenhäuser in der Nähe von Flugplätzen. Offensichtlich rechnet die ägyptische Regierung demnächst mit der Rückkehr der ersten am Golf stationierten verwundeten ägyptischen Soldaten.

Der Minister für Versorgung versprach Lebensmittelreserven, die eine geregelte Versorgung des ägyptischen Marktes möglich machen, selbst wenn im Falle eines Krieges der Nachschub von außen nicht gewährleistet sei. Die Sicherheitsvorkehrungen und Kontrollen an den Grenzübergängen wurden verstärkt, um eventuelle irakische Anschläge zu verhindern.

Am Vorabend des Ultimatums waren in Kairo zwar noch mehr Leute als sonst unterwegs: Hamsterkäufe wurden getätigt, aber von einer Panik unter der ägyptischen Bevölkerung kann nicht die Rede sein. Gestern, am Morgen nach Ablauf des Ultimatums, schien das Leben seinen normalen Gang zu gehen. Die öffentlichen Verkehrsmittel in Kairo sind so hoffnungslos überfüllt wie eh und je. Der Hausmeister säubert die Autos der Hausbewohner von Staub, der sich in der Nacht des Ultimatums auf den Kühlerhauben angesammelt hat. Es ist ein Arbeitstag wie jeder andere. Kariem El-Gawhary