: Parlament soll Bündnisfall prüfen
Bonn (taz) - Von den Abgeordneten des deutschen Bundestages könnte es demnächst abhängen, ob deutsche Soldaten im Golfkrieg mitkämpfen. Greift der Irak den Nato-Partner Türkei an, will die Bundesregierung in der Frage, ob ein sogenannter Bündnisfall vorliegt und deutsche Truppen eingesetzt werden, „nicht am Parlament vorbeientscheiden“. So formulierte es gestern Regierungssprecher Dieter Vogel.
Dies läßt sich verschieden deuten, etwa so: Der Bundestag stimmt über die Frage, ob ein Bündnisfall vorliegt, ab, ohne daß sich die Bundesregierung an das Ergebnis gebunden fühlt. Oder der Bundestag stellt mit (Koalitions-) Mehrheit fest, daß der Bündnisfall vorliegt, und die Bundesregierung erklärt sich an dieses Ergebnis gebunden. Schließlich könnte die Bundesregierung auch befinden, es müßten außer ihr zwei Drittel aller Abgeordneten den Bündnisfall als gegeben ansehen. Letzteres fordert die SPD-Opposition. Sie ist der Ansicht, schon verfassungsrechtlich müsse das Parlament mit einer Zweidrittelmehrheit den „Bündnisfall“ feststellen. Demgegenüber befindet die Bundesregierung, juristisch gesehen sei es nicht notwendig, daß zwei Drittel des Bundestages einem Einsatz deutscher Soldaten zustimmen. Im Rücken hat sie mit dieser Ansicht die herrschende Staatsrechtslehre. Allerdings, so verlautet aus Kreisen des Bonner Kanzleramtes und der CDU/ CSU-Fraktion, ist Helmut Kohl eher geneigt sich dennoch an eine Zweidrittelmehrheit zu binden. Käme sie zustande, wäre er politisch nicht allein dafür verantwortlich, daß deutsche Soldaten in den Krieg zögen. Käme sie nicht zusammen, hätte er gegenüber den Nato-Partnern eine Entschuldigung.
Fest zugesagt hat Kanzler Helmut Kohl dem SPD-Partei und Fraktionsvorsitzenden dem Vernehmen nach jedenfalls dies: Erklärt sich die Türkei demnächst für vom Irak angegriffen und ruft die Nato zur Hilfe, wird die Bundesregierung dem Bundestag genügend Zeit lassen, zu einer Sondersitzung zusammenzutreten. Nach Angaben ihres außenpolitischen Experten, Karsten Voigt, will die SPD- Fraktion dann beantragen, daß der Bundestag über die Frage, ob deutsche Soldaten eingesetzt werden, abstimmt. Sind ihre Mitglieder nicht der Ansicht, daß ein Bündnisfall vorliegt, kommt die Zweidrittelmehrheit nicht zusammen. Ferdos Forudastan
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