: Riesenboom für die Aktien der Rüstungsindustrie
Aktionäre der „erfolgreichen“ Waffenfirmen jubeln über Kriegsgewinne ■ Aus Washington Andreas Zumach
Der erfolgreiche Einsatz moderner High-Tech-Waffen der USA im Golfkrieg hat der US-amerikanischen Rüstungsindustrie den größten Boom an den Aktienmärkten seit Ende des zweiten Weltkriegs beschert. Der Aktienkurs von General Dynamics, federführend im Herstellerkonsortium für die Cruise-Missiles des Typs „Tomahawk“ und das Kampfflugzeug F-111, stieg seit Kriegsbeginn am 17. Januar um 37 Prozent. Bei McDonnell Douglas (Tomahawk, Flugzeuge F-15 und F/A-18, Apache-Hubschrauber) waren es 25,2, Prozent. Lockheed (Stealth-Bomber) erzielte einen Zuwachs von 10,7, Alliant Techsystems (Cluster-Bomben) von 9,6 Prozent. Die Wertsteigerung der Aktien bei den Herstellern des im Golfkrieg zum erstenmal eingesetzten Patriot-Flugzeug/Raketenabwehrsystems (Raytheon als Konsortialführer, Martin Marietta als wichtigster Zulieferer) lag mit sieben beziehungsweise 10,2 Prozent noch im unteren Drittel.
Diese Entwicklung wird bei den Verfechtern von High-Tech-Waffensystemen unter den Militärpolitikern und Experten als Bestätigung ihres Kurses gefeiert. Kritiker dieses Kurses, der unter Präsident Reagan mit einer Verdreifachung des Rüstungsbudgets in acht Jahren forciert worden ist, müssen sich angesichts der „Erfolge“ dieser Waffensysteme im Golfkrieg jetzt als realitätsferne Tauben beschimpfen lassen.
Byron K. Callan, einer der führenden Analytiker der Herstellerindustrien für elektronische Waffen, bringt die vorherrschende Stimmung auf den Punkt: „Die Dinger kosten sehr viel Geld, aber man kann mit ihnen auch eine Menge Leben retten.“ Und Phillip Giaramita, Vizepräsident der in einem Vorort Washingtons gelegenen Martin Marietta Corporation erklärte gestern stellvertretend für die gesamte Rüstungsindustrie: „Der Golfkrieg beweist den großen Wert ausgeklügelter High- Tech-Waffen. Ich bin sicher, die US- Streitkräfte werden künftig weit mehr dieser Systeme ordern.“
Beobachter gehen davon aus, daß der Boom nur bei Herstellern von Abwehrsystemen länger anhalten wird, während er sich bei den Produzenten von Offensivwaffen nach dem Golfkrieg wieder abschwächen dürfte. Beim Bostoner Patriot-Produzent Raytheon wird nach dem erfolgreichen Einsatz der „Wunderwaffe“ bei der Abwehr irakischer Scud-B-Raketen mit einer „Welle von Aufträgen“, vor allem auch aus Dritte-Welt-Staaten, gerechnet.
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