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Militärs erwarten brutale Bodenkämpfe

Washington/Riad (dpa/afp/taz) — Verschiedene, wegen der Zensurmaßnahmen schwer zu überprüfende Berichte lassen am Dienstag erkennen, daß das bisher von den US-Militärs gezeichnete rosige Bild ihres Irak-Krieges der Revision bedarf. Auch wird immer deutlicher, daß die bisher etwa 10.000 Bombenflüge erheblichere Schäden verursacht und weit mehr Menschenleben gefordert haben, als beide Seiten bisher zugeben wollen. Außerdem zeigt sich, daß die Zuversicht der Militärs, die ein baldiges Ende der Kriegshandlungen voraussagen, trügerisch ist. Zu den bizarreren Einschätzungen gehört dabei die von dem britischen Verteidigungsstaatssekretär Archie Hamilton geäußerte Ansicht, daß die Piloten der alliierten Streitmacht aus Sperrholz oder gar Pappe gefertigte Attrappen irakischer Raketenabschußrampen bombardiert hätten. Dies werde die vollständige Ausschaltung der irakischen Raketenwerfer zwar nicht verhindern, aber doch verzögern.

In der Nacht beschossen die Iraker abermals Ziele in Saudi-Arabien, darunter auch die Hauptstadt Riad mit dem Hauptquartier der „Operation Wüstensturm“, doch wurden die Raketen in der Luft zerstört. Am gestrigen Nachmittag erfolgten erneute irakische Raketenangriffe auf Dharan. Die Scud-Raketen konnten offenbar alle abgefangen werden. Die Alliierten bombardierten Bagdad und Basra.

Wenn der Luftkrieg beendet ist, möglicherweise Ende Januar, ist die Reihe an den Panzereinheiten und Bodentruppen. Ihnen stehen nach Ansicht von Experten und Soldaten brutale Nahkämpfe wie im Ersten Weltkrieg bevor. Aufgabe der US- Marines wird es sein, die gewaltigen Sandwälle, Schützengräben und Minenfelder zu erstürmen, die die irakische Armee entlang der gesamten kuwaitisch-saudischen Grenze und bis weit in irakisches Gebiet hinein gezogen hat. Die Militärs rechnen für den Fall eines Landkrieges mit weit mehr Opfern als beim Luftkrieg. Oberstleutnant Tom Jones, der ein Bataillon nahe der Front kommandiert, befürchtet große Verluste in den Reihen seiner Männer, da die Stärke der Iraker im Legen von Minenfeldern und der Errichtung von Verteidigungspositionen liegt. Im achtjährigen Krieg gegen Iran übten sich die Iraker in der Taktik des Verteidigungskrieges. Die US-Militärs sind davon überzeugt, daß sie trotz der irakischen Verteidigungskapazitäten in dieser Bodenschlacht den Sieg davontragen werden. Zunächst sollen die irakischen Verteidigungslinien durchbrochen, dann Panzer und gepanzerte Truppentransporter an die Front geschickt werden.

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