: Nicht alle Rüstungsfirmen profitieren vom Krieg
■ McDonnell Douglas hat sogar ArbeiterInnen entlassen/ Extraprofit für Patriot-Produzenten und Giftgasabwehr-Spezialisten
Washington (afp/taz) — Trotz des Krieges am Golf ist die Stimmung in der US-amerikanischen Rüstungsindustrie keinesfalls bombig. Die Ursache dafür ist einerseits die Sparpolitik des Kongresses, die schon mehrere Rüstungsprojekte zum Scheitern brachte. Andererseits glaubt die Branche — nach entsprechenden Verlautbarungen der amerikanischen Regierung, daß der Krieg gegen den Irak in relativ kurzer Zeit bei relativ geringen Verlusten auf der eigenen Seite gewonnen wird. Am Golf werden zunächst die großen Waffen- und Munitionsvorräte eingesetzt, die während des Kalten Krieges gehortet wurden.
Eine Produktionssteigerung haben bisher vor allem die auf Giftgasabwehr spezialisierten Unternehmen und die Hersteller der vielgerühmten Patriot-Raketen zu verzeichnen. Voll Stolz preisen ArbeiterInnen eines Patriot-Werkes ihre Arbeit an: Auf einem großen Transparent am Firmengebäude steht: „Scud-Buster“ (Zerstörer der irakischen Scud- Raketen).
Die Sprecher der meisten Unternehmen der Rüstungsindustrie versichern, daß die Branche kaum vom Krieg am Golf profitiert, sondern eher unter der Sparpolitik des Parlaments leidet. So hat der größte Lieferant des Pentagon, McDonnell Douglas, kürzlich 5.000 ArbeiterInnen seines Werkes in Saint Louis (Missouri) entlassen, weil der Kongreß den Bau des Jagdflugzeugs A-12 für die Marineluftstreitkräfte stoppte. Wie andere Unternehmen plant das Rüstungsunternehmen General Dynamics weder in seiner Panzerfabrik in Lima (Ohio) noch im Werk in Fort Worth (Texas), in dem der Jagdbomber F-16 zusammengebaut wird, eine Steigerung der Produktion. Auch beim Lockheed-Werk in Calabasas (Kalifornien), wo das Tarnkappen-Kampfflugzeug F-117 hergestellt wird, ist keine Steigerung der Produktion vorgesehen. Durch die lange Produktionsdauer könnten neue Panzer und Flugzeuge für einen kurzen Krieg auch gar nicht fertiggestellt werden. Vorteile haben die Waffenschmieden derzeit allerdings von den gestiegenen Kursen am Aktienmarkt.
Auf der Kriegsgewinnseite stehen vor allem die Hersteller der Patriot- Raketenabwehrraketen, die erstmals gegen irakische Raketen über Israel und Saudi-Arabien eingestetzt wurden. In Erwartung neuer Bestellungen aus dem In- und Ausland wurde bei Martin Mariette und Raytheon die Produktion beschleunigt; die Beschäftigten müssen Sonderschichten einlegen. Auch bei den Unternehmen, die sich auf die Ausrüstungen gegen Giftgasangriffe spezialisiert haben, sind die Auftragsbücher bereits voll.
Die Firma La Crosse (Wisconsin) hat neue ArbeiterInnen angestellt, nach dem sie den Auftrag erhalten hatte, spezielle Schuhe zu entwickeln, die die Füße vor Giftgas schützen. Survival Technology in Bethesda (Maryland), die Gegenmittel für Nervengas produziert, und die Gasmaskenfabrik Pine Bluff in Little Stock (Arkansas) haben die Zahl der Beschäftigten erhöht, um die zusätzlichen Aufträge abarbeiten zu können. Auch Munitionsfabriken und Hersteller von Tarnausrüstungen verdienen am Krieg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen