: Fluglinien wollen Staatsknete EG könnte Auge zudrücken
■ Lobbyarbeit in Brüssel scheint erfolgreich/ Absprachen künftig legal?
Brüssel/Berlin (dpa/ap) — Die Europäische Gemeinschaft erwägt Hilfen für die von den Auswirkungen des Golfkriegs stark bedrängten Fluggesellschaften. Wie am Donnerstag in Brüssel mitgeteilt wurde, soll am Freitag eine Arbeitsgruppe von Experten der EG-Kommission sowie der europäischen Luftverkehrsgesellschaften zusammentreten, um eine Reihe von Dringlichkeitsmaßnahmen zu erörtern. Das Passagieraufkommen auf den meisten Linienflügen ist wegen Terrorangst und unbequem langer Abfertigungszeiten nach Angaben der Branche um durchschnittlich 30 Prozent zurückgegangen.
Die EG-Kommission erwägt unter anderem eine vorübergehende Lockerung der strengen Wettbewerbsregeln. Dies würde bedeuten, daß die nationalen Fluggesellschaften für eine Übergangszeit staatliche Unterstützung beziehen könnten, um deren Leistungsfähigkeit zu erhalten und die Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Normalerweise verstoßen öffentliche Zuwendungen für den Luftverkehr gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft. Vorstellbar wäre auch, daß die Brüsseler Wettbewerbshüter „ausnahmsweise ein Auge zudrücken“, falls öffentliche Finanzspritzen, Treibstoffzuschüsse oder Absprachen über Flugstornierungen unvermeidbar würden.
Bereits am Mittwoch abend waren in Brüssel die für Verkehrs- und Wettbewerbspolitik zuständigen EG-Kommissare Karel van Miert und Leon Brittan mit dem Präsidenten des Europäischen Luftverkehrsverbandes, Bernard Attali, sowie Vertretern von zwölf Fluggesellschaften zu einem ersten Meinungsaustausch zusammengetroffen. Am Donnerstag sollte eine weitere Beratungsrunde der EG-Kommission mit Repräsentanten der Chartergesellschaften folgen. Der private Luftverkehr ist besonders hart vom Golfkrieg betroffen, weil die Charterjets zu rund 80 Prozent in Krisenregionen fliegen.
Aber auch die großen staatlichen Unternehmen sind gefährdet: Bei der Lufthansa Service GmbH (LSG) soll nach Angaben des Unternehmens vom 4. Februar an kurzgearbeitet werden. Viele Fluggesellschaften erwägen Entlassungen oder zumindest die Streichung von Flügen (siehe taz von gestern).
Auch Euroberlin wird einige Flüge aussetzen. Wie die Fluggesellschaft am Donnerstag in Berlin mitteilte, betrifft dies die Strecken zwischen Berlin und Frankfurt, Stuttgart und München. Sobald sich die internationale Lage beruhige und sich die No-show-Rate und die Stornos wieder normalisierten, werde man zum regulären Flugplan zurückkehren. Die No-show-Rate gibt an, wieviel Flüge gebucht, aber nicht genutzt werden.
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