: Iran will im Krieg vermitteln
■ Irans Präsident Rafsandschani zu Gesprächen sowohl mit Hussein als auch USA bereit/ Treffen wegen Ölpest könnte erste Anknüpfungspunkte bieten
Nikosia/Genf (afp/ap/dpa) — Irans Hauptstadt Teheran rückt mehr und mehr in den Mittelpunkt möglicher diplomatischer Initiativen zur Beendigung des Golfkrieges. Nach den Gesprächen mit arabischen und einer französischen Delegation in der letzten Woche hat sich der iranische Präsident Haschemi Rafsandschani am Montag im Rahmen seiner Friedensbemühungen zu einem Treffen mit dem irakischen Staatschef Saddam Hussein, aber auch mit Vertretern Washingtons, bereit erklärt. Ziel seiner Mission sei es, das Leben von Moslems zu retten, sagte Rafsandschani vor Journalisten in Teheran. Er habe Saddam eine „Idee“ unterbreitet, die, sollte sie in Bagdad akzeptiert werden, als Basis für eine neue Friedensinitiative dienen könnte. Allerdings habe sich der Irak bislang wenig flexibel gezeigt, räumte der iranische Staatschef ein. Nach Einschätzung des algerischen Außenministers Ghozali, sei Bagdad dagegen das Kräfteverhältnis bewußt, weswegen Saddam Hussein an Verhandlungen interessiert sei. Rafsandschani, der auf den radikalen Flügel im Iran Rücksicht nehmen muß, warf gleichzeitig den USA vor, in ihren Kriegszielen von den Beschlüssen der Vereinten Nationen abzurücken. „Die langfristigen politischen Konsequenzen des Krieges werden nicht im Interesse der USA sein“, warnte Rafsandschani. Die Region werde die Präsenz von US- Truppen nicht akzeptieren. „Die Zerstörungen und Katastrophen in der Nachkriegszeit werden so groß sein, daß bedeutende Probleme für die USA entstehen werden.“ Sicherheit in der Golfregion könne es in der Zukunft nicht geben, ohne daß der iranische Standpunkt berücksichtigt werde.
Rafsandschani betonte erneut, der Iran werde neutral bleiben, selbst wenn die Türkei in den Krieg eintritt. Allerdings sei noch keine Entscheidung gefallen, wie der Iran sich verhalten werde, wenn Israel aktiv eingreift. Zur Frage der irakischen Flugzeuge sagte Rafsandschani, weder habe sein Land Einfluß auf die Massenflucht irakischer Flugzeuge, noch lasse es zu, daß die verbündete Luftwaffe seinen Luftraum zu Angriffen gegen den Irak nutze. Rafsandschani betonte, sein Land werde sich weiterhin mit allen „diplomatischen Mitteln“ für einen Frieden am Golf einsetzen. Sein neuer Friedensvorschlag könne, sobald er von Bagdad akzeptiert werde, auch von allen anderen Staaten angenommen werden, die ein Ende der Krieges wollten und die UN-Resolutionen unterstützten. Nach seinen Angaben unterhält Teheran in diesem Zusammenhang Kontakte sowohl mit der Islamischen Weltkonferenz, den blockfreien Staaten, den Vereinten Nationen als auch mit zahlreichen Einzelstaaten, darunter die Türkei, Pakistan, die Sowjetunion, Frankreich und Algerien. In den vergangenen Tagen habe es zudem über die Schweizer Botschaft in Teheran indirekte Kontakte zwischen dem Iran und den USA gegeben. Außerdem wird ein iranisch- saudisches Außenministertreffen vorbereitet. Sollte es dem Frieden dienen, dann sei es logisch, daß „wir auch mit den Amerikanern sprechen“, fuhr Rafsandschani fort. Allerdings liege eine Entscheidung über direkte amerikanisch-iranische Gespräche bei dem geistigen Führer Ali Chamenei sowie dem Obersten Nationalen Sicherheitsrat.
Nach Darstellung Rafsandschanis hatte er am Wochenende dem stellvertretenden irakischen Ministerpräsidenten Saadun Hammadi seine Botschaft an Saddam übermittelt. In seinen Gesprächen habe Hammadi jedoch keine Bereitschaft zum Einlenken erkennen lassen. Sollte aber der irakische Präsident doch noch einlenken, dann werde Washington unter starken internationalen Druck geraten und schließlich ebenfalls nachgeben müssen.
Landung in Kuwait
Erste direkte Gespräche der Kriegsgegner werden möglicherweise auf einer vom Iran initiierten Golf-Anrainer-Konferenz zur Ölpest stattfinden, zu der Iran alle Gesundheitsminister der Region eingeladen hat. Die Konferenz, die vom 15. bis 17.Februar stattfinden soll, bietet somit möglicherweise ein Forum, an dem sich Iraker und Saudis wieder an einem Tisch treffen.
Amerikanische und französische Truppen bereiten sich nach Angaben des Pariser Generalstabschefs Maurice Schmitt gemeinsam auf eine Landung im irakisch besetzten Kuwait vor. „Wir sind in einer Vorphase 6. Juni“, sagte der Generalstabschef am Montag vor Journalisten in Paris unter Anspielung auf die Invasion der Alliierten 1944 in der Normandie. Hohe US-Militärs erhoffen sich diese Woche eine Antwort auf die Frage, wann die Bombardements aus der Luft genug Schaden unter irakischen Truppen angerichtet haben, um die Offensive am Boden zu beginnen. Der Golfkrieg hat nach Worten des algerischen Außenministers Sid Ahmed Ghozali bereits Tausende von Opfern unter der Zivilbevölkerung im Irak gefordert.
Nach Ansicht des französischen Generalstabschefs, der den Einsatz von Chemie- oder taktischen Kernwaffen als Antwort auf einen irakischen C-Waffen-Angriff als zwar „möglich“, aber „nicht nötig“ bezeichnete, sind trotz der massiven Bombardements der Alliierten „erst zehn Prozent des Materials“ der irakischen Armee zerstört.
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