: Kulturinnovatoren in der Provinz
■ Bremen soll kulturelles Oberzentrum werden. Wunschtraum und Wirklichkeit
Bremen — ein Wort, das man sich mal auf der Zunge zergehen lassen sollte, ohne dabei gleich an Kükenragout und edlen Bordeaux kaufmännischer Tafelrunden zu denken. Assoziieren Sie zur Abwechslung mal Kultur: Bremen metropolitan — als kulturelles Oberzentrum zwischen Amsterdam und Hamburg (und nicht mehr als lästige Bahnstation auf der Intercity-Strecke Hannover-Oldenburg). Bremen als Quell hanseatischer Innovationen, die nicht mehr nur „Bremer Container“, „Bremer Kaffeepott“ oder „Bremer“ als fischige Abwandlung des schwabbeligen „Hamburgers“ zeitgenössischer Fast-Food-Kultur heißen. Kultur als Publikumsmagnet, als Wirtschaftskraft und Standortfaktor, Bremen als Spielwiese für Mäzene, Sponsoren und Kulturschaffende: Ein Kreis potentieller Kulturmanager wollte dies perspektivisch diskutieren. In der oberen Sparkassen-Etage waren sie zum „Bremer Gespräch“ geladen. Wobei Weitblick nicht gleich am eigenen Portemonnaie halt machen sollte (wenn man nicht gerade Friedrich Rebers heißt und von berufs wegen die Überschüsse gemeinnützig anlegen muß, die sich dank kontinuierlich gleichbleibender Sparzinsen aus den steigenden Krediteinnahmen erwirtschaften lassen).
Doch wie schon so oft, wenn BremerInnen sich „zwischen Kleinmut und Minderwertigkeitskomplex“ bewegen (so Neu-Bremer und Radio Bremen- Programmchef Klostermeier in seiner Moderation des Abends), blieben Luftschlösser ungeträumt. Nur düstere Wolken zeichneten die Kulturmanager vom Dombaumeister bis zum Förderkreis Gegenwartskunst an den Horizont: Die „Öffentliche Hand“ ist knauserig und desinteressiert, darauf können sie sich einigen. Aber sonst beklagen sie nur die eigenen Problemchen: Hochwertige Textilien aus Dom-Grab 19 sind noch unerforscht, für aufstrebende Bremer Nachwuchs-Künstler gibt es weder Künstlerhäuser noch inspirierendes Umfeld. Die Philharmonischen Konzerte finden keinen Draht zur Jugend. Die Hausmusik stirbt aus.
Sind das die Visionen, die Bremen zu bieten hat? Wo blieb Hans Grothe, Museumsstifter und Großinvestor — um den Bremer Potentaten die Stirn zu bieten? Lediglich Eberhard Kulenkampff verstrahlte Visionäres: Schwärmerisch schwor er die Kulturinnovatoren erneut auf die Idee einer Philharmonie in der Weser ein. Läppische 70 Millionen sind dafür nötig. Zwischen Bordeaux und Lachsschnittchen hörten die Freundeskreisvertreter, Galerie-Besitzer, Immobilienmakler und Rechtsanwälte schon die Wiener Philharmoniker klingen — als die Glocke wieder dazwischenfuhr: Aber nicht auf Kosten des Glockensaales, in dem selbst Furtwängler... die 25 Millionen für die Glocken-Sanierung sind zuerst dran. Rosi Roland
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