Gericht: Vermieter muß Bleirohre auswechseln

Hamburg (taz) — In Hamburg ist ein Urteil von bundesweiter Bedeutung gefallen. Erstmals in der Bundesrepublik wurde ein Vermieter letztinstanzlich dazu verpflichtet, alte Trinkwasserleitungen aus Blei auszuwechseln. Diese Verpflichtung hat das Hamburger Landgericht allerdings auf die Rohre von der Grundstücksgrenze bis zur Küche beschränkt. Im Bad muß nach diesem Urteil nicht ausgewechselt werden. Da eine schriftliche Urteilsbegründung noch nicht vorliegt, läßt sich nur vermuten, daß das Gericht es für zumutbar hält, sich mit bleihaltigem Wasser zu waschen, jedoch davon ausgeht, daß dort, wo das Wasser als Nahrungsmittel benutzt wird, auch die Trinkwasserverordnung jederzeit, und nicht erst nachdem das abgestandene Wasser in den Leitungen abgeflossen ist, eingehalten werden muß.

Doch das Urteil hat nicht nur bundesweite Bedeutung für Mieter, Vermieter und das Sanitärhandwerk, sondern auch eine besondere lokalpolitische Note. Denn vor Gericht standen sich nicht irgendein Vermieter und irgendein Mieter gegenüber, sondern zwei stadtbekannte Promis. Geklagt hatte Hamburgs FDP-Chef Robert Vogel, einer der größten Immobilienbesitzer der Stadt. Und zwar gegen den im Zusammenhang mit der Hafenstraße bekanntgewordenen Mieter-Anwalt Jens Waßmann. Dieser hatte die Netto-Kaltmiete wegen der Bleirohre um zehn Prozent gekürzt. Diesen Betrag wollte Vogel per Gericht eintreiben. In erster Instanz erlitt er dabei Schiffbruch. Denn das Amtsgericht erkannte vor nunmehr gut drei Jahren den Mietminderungsanspruch an und verdonnerte Vogel gleichzeitig zum Auswechseln sämtlicher Bleileitungen. Das Landgericht nun hat den Anspruch auf Mietminderung verneint, die Umstellung auf weniger gesundheitsgefährdende Wasserleitungen jedoch bejaht. Waßmann reichte das, um eine Flasche Schampus zu entkorken; Vogel trug's mit Fassung. Er warnte allerdings vor den Folgekosten, die nun der Stadt in ihrem Altbaubestand entstehen. Aber dann müsse man eben ein paar Fahrradwege weniger bauen. Kai Fabig