: Fernseh-Fußball: Geld oder Genschern
■ Der private TV-Sender Sat 1 bietet 500 Millionen Mark für die Fußball-Übertragungsrechte
Berlin (taz) — Einer hat's ja schon immer gewußt: Bayern-Manager Uli Hoeneß, der ungeliebte, weil erfolgreiche Dagobert Duck der Fußball- Bundesliga, orakelte schon vor Jahren, daß sein Sport in Zukunft dreistellige Millionensummen einheimsen könne. Ganz einfach dadurch, daß die konkurrierenden Fernsehanstalten tüchtig gegeneinander ausgespielt werden. Was haben sie sich damals auf die Schenkel geklopft, die öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten. „Niemals, niemals“, tönte es belustigt aus Mainz und München. Doch schon 1988 kam der erste Schock: ein heimtückischer Anschlag auf die Sportschau, initiiert von der UFA-Filmgesellschaft, einer Tochter des Bertelsmann-Privatsenders RTL plus. Für die damals ungemein hohe Summe von 135 Millionen Mark kauften die Privatfunker exklusiv die Bundesliga-Übertragungsrechte vom Deutschen Fußball-Bund für drei Jahre, einschließlich der Saison 1991/92. ARD und ZDF zeterten und flehten, doch an die Entzugsqualen Tausender von Bundesliga-abhängigen Fernsehzuschauern zu denken, die RTL plus nicht empfangen könnten. So verkauften die Privaten den Fußball zur Zweitverwertung an ARD/ZDF weiter, und man gewöhnte sich an das Arrangement.
Doch während die solcherart Befriedeten selbstgefällig vor sich hin schlummerten, holte der Privatsender Sat 1 zum ganz großen Coup aus. Über die Medien ließ der Sender verbreiten, daß er dem DFB unglaubliche 500 Millionen Mark in den Rachen werfen wolle für die Übertragungsrechte der ersten und zweiten Bundesliga für fünf Jahre — fast eine Verdoppelung der von RTL bezahlten Summe.
Der DFB bestätigte kurz darauf lapidar den Eingang der Offerte, währenddessen den Bundesliga- Klubs die Golddollar schon in den Augen schimmerten. Statt 1,5 Millionen bekäme jeder Verein drei Millionen Mark aus den Übertragungsgeldern. „Konkurrenz belebt das Geschäft“, brachte Bremens Manager Willi Lemke seine volkswirtschaftlichen Erkenntnisse auf den Punkt und rechnet gleich aus, daß mit den Mehreinnahmen dreißig Prozent der Vereinsetats gedeckt werden könnten.
Daß mit dem Traum-Gebot auch herbe Forderungen bezüglich des Spielplans — er soll auf Freitag und Sonntag ausgeweitet werden — einhergehen, findet Lemke ganz natürlich: „Wer so viel zahlt, hat das Recht, Wünsche zu äußern. Denn natürlich will Sat 1 zwecks Live-Übertragungen die Spitzenspiele in der Hauptsendezeit stattfinden lassen. St. Paulis Manager Herbert Liedtke setzt angesichts der lockenden Moneten noch einen drauf und fordert, daß sich der DFB den gesamten Spielplan vorschreiben lassen solle. Auch die Angst vor Regelveränderungen, mehr Pausen etwa, um verstärkt Werbespots zu senden, scheint wie durch ein Wunder gebannt.
Die Unterstützung der finanziell angeschlagenen Vereine hat sich Sat 1 durch den schlauen Schachzug, das Angebots öffentlich zu machen, bereits gesichert. Der Druck auf den DFB ist enorm. Dennoch mauert der Verband: „Wir verhandeln mit verschiedenen Anbietern“, pokert Liga- Sekretär Wilfried Straub.
Die überraschten Fernseh-Konkurrenten ARD/ZDF, RTL und Pay-TV gaben sich betont gelassen und versuchten, den Sat-Vorstoß als PR-Gag runterzuspielen. Eine „unrealistische Größe“ nannte RTL- Sprecher Hans-Gerd Eschweiler die Summe, selbst UFA-Geschäftsführer Bernd Schiphorst fand sie „zunächst beeindruckend, aber so astronomisch nun wieder auch nicht“. Man gebe sich im Rennen um den Fußball nicht geschlagen. Immerhin habe man eine durchaus funktionierende Symbiose mit ARD und ZDF zu bieten.
Doch die Öffentlich-Rechtlichen schicken sich nach FDP-Manier zum Partnerwechsel an. Laut ARD- Sportkoordinator Hartmann von der Thann würden sie möglicherweise auch zu SAT1 genschern: „Wir können mit jedem kooperieren und noch über Jahre hinaus etwas einbringen, was sonst keiner hat: die flächendeckende Verbreitung.“ Ein As im Ärmel der Öffentlich-Rechtlichen, die ihnen immerhin den Verbleib in Reihe zwei sichern würde. miß
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen