: Verschlossene Türen statt Fensterreden
■ USA gegen öffentliche Sitzung des UNO-Sicherheitsrats
Washington / New York (taz) — Zum ersten Mal seit Ausbruch des Golfkriegs tagte gestern hinter verschlossenen Türen der UNO-Sicherheitsrat. Für den Abend wurde mit einer Abstimmung über die Einberufung einer öffentlichen Sitzung zur Diskussion des Kriegs gerechnet.
Sergei Gregorjew, Sprecher des sowjetischen Präsidenten Gorbatschow, kündigte gegenüber dem israelischen Rundfunk an, Moskau werde auf eine neue UN-Resolution zur Notwendigkeit einer diplomatischen Lösung des Golfkonflikts dringen. „Der UNO-Sicherheitsrat muß das Problem der Ausweitung des Krieges diskutieren und jede beteiligte Seite noch einmal auffordern, die Möglichkeit einer Lösung zu finden, die das Blutvergießen stoppt“, sagte er. Die UdSSR stehe „nach wie vor“ hinter der Forderung nach einem Abzug des Iraks aus Kuwait. Moskau sei aber „besorgt“, daß die USA und ihre Verbündeten das UNO-Mandat überschritten.
Auf eine öffentliche Sitzung des UNO-Sicherheitsrates dringen seit der ersten Kriegswoche unter anderen die fünf Maghreb-Staten Algerien, Tunesien, Mauretanien, Libyen und Marokko sowie der Jemen, Kuba und der Iran. Vor allem von den USA wird jede öffentliche Sitzung bislang strikt abgelehnt. Man wolle sich nicht vor aller Weltöffentlichkeit der Kritik an der Golfkriegsführung aussetzen und den Eindruck einer „gespaltenen UNO vermeiden“, hieß es zur Begründung in der Bush-Administration.
Die zur Einberufung einer formalen öffentlichen Sitzung notwendige Mehrheit von 9 der 15 Mitgliedstaaten kam jedoch bislang nicht zustande. In New York wie in Washington wurde gestern erstmals nicht mehr ausgeschlossen, daß dieses Quorum bei der für gestern abend anberaumten Abstimmung hinter verschlossenen Türen erreicht wird. Unsicherheit und Nervosität bestanden in der Bush-Administration vor allem über die Haltung der UdSSR, aber auch Frankreichs.
Der algerische UNO-Botschafter Abdelrahman Blusid erklärte am Dienstag, daß Algerien „und zahlreiche andere Drittweltstaaten auf einer öffentlichen Sitzung des Sicherheitsrates bestehen“. Die „aus offensichtlich politischen Gründen betriebene Blockade“ des Gremiums durch einige Staaten sei „ein schwerwiegender Präzedenzfall, der zu großen Frustrationen geführt“ habe. US- Botschafter Thomas Pickering erwiderte, die USA lehnten „Fensterreden“ ab und wollten verhindern, daß Saddam Hussein durch öffentliche Kritik an den Bombenangriffen auf sein Land „falsche Signale“ erhalte. Kuwaits Botschafter Muhamad Abulhasan verlangte, daß die UNO die Liferung von Medikamenten „nicht nur an die irakische, sondern auch an die kuwaitische Bevölkerung“ sicherstellen solle. Andreas Zumach
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