: Verlorene Unschuld
Welche US-Fernsehsendung hat seit Jahren die höchsten Einschaltzahlen und findet die größte Aufmerksamkeit unter den Zuschauern? Falsch — weder das Football-Endspiel Superbowl, noch die „Oskar“-Verleihung und schon gar nicht die Präsidentenreden an die Nation. Es ist ein unschuldiges Ritual, das täglich gleich mehrfach mit großem Aufwand zelebriert wird, ohne Politik, Sex or Crime: der Wetterbericht. Bis zu drei ModeratorInnen unterhalten sich vor riesigen Wetterkarten ausführlich über Sonne und Regen. Das Urlaubswetter am Strand von Florida, die Schneefälle in Vermont oder die Hitzewelle in der texanischen Wüste — was kann es Wichtigeres geben auf dieser Welt?
Seit vier Wochen ist das alles nebensächlich. Der Wetterbericht hat seine Unschuld verloren, ist Teil der Kriegsberichterstattung geworden. Nicht die Tornadowarnung für den Mittleren Westen, sondern die Sandstürme im Nahen Osten stehen jetzt an erster Stelle. Werden unsere High- Tech-Panzer erfolgreich nach Kuwait kommen? Wie bereiten sich unsere Jungs (und Mädchen) am Golf auf die Hitzeperiode vor? Ist die Wasserversorgung gesichert? Zieht Saddam den Krieg in die Länge, um uns mit Hilfe des Klimas zu schlagen? Was waren die Wetterberichtzeiten noch schön, als im schlimmsten Fall von erfrorenen Zitronenbäumen in Kalifornien die Rede war. Andreas Zumach
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