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Aids-Kranke sollen 1 Mio. DM sparen

■ Zusammenschluß der Berliner Selbsthilfegruppen warnt vor flächendeckenden Kürzungen im Aids-Bereich/ Im Ostteil sieht es besonders mau aus: Keine Mark für Prävention und Betreuung

Schöneberg. Die ambulante und stationäre Versorgung von HIV-Infizierten und Aids-Kranken in Berlin steht vor dem Zusammenbruch. Mit dieser alarmierenden Nachricht wandten sich Aids-Selbsthilfegruppen gestern an die Öffentlichkeit. Grund für die Misere sei die vom Senat geplante Streichung von Mitteln für Gruppen aller Couleur, berichteten Vertreter vom Aids-Koordinationstreffen der Berliner Selbsthilfegruppen (AKT) auf einer Pressekonferenz im schwulen Infoladen »Mann-O-Meter«.

In Berlin gibt es nach Angaben der AKT derzeit zwischen 25.000 und 30.000 mit dem Aids-Virus Infizierte, darunter rund 1.000 Patienten mit voll ausgebildetem Krankheitsbild. In der Kritik der Selbsthilfegruppen stehen die Sparpläne des Senats. Sie sehen für 1991 nahezu eine Million DM weniger Fördermittel für die acht Einrichtungen und Projekte vor, die im AKT zusammengeschlosen sind. Das bedeute eine Verringerung um 20 Prozent gegenüber dem Beschluß des Haushaltsausschusses des Abgeordnetenhauses vom Ende 1990 — ursprünglich hatten die Mittel vom rot-grünen Senat sogar um 1,3 Millionen Mark erhöht werden sollen. Damit sei die Arbeit der Gruppen »in Frage gestellt«. Die Kürzungen beträfen Mietzahlungen, Honorar-, Stellen- und Sachkosten.

Claudia Fischer von der Prostituiertenhilfsorganisation »Hydra e.V.« berichtete, daß diese bei einer geplanten Reduzierung der Stellen von viereinhalb auf zwei ihre Arbeit voraussichtlich einstellen würde. »Etwas muß dann auf der Strecke bleiben, die Umstiegsprogamme für Vermittlung von Prostituierten in Arbeitsstellen, die jahrelange personengebundene Streetwork oder die Primärprävention bei den Freiern.« Da diese Bereiche zusammengehören, »überlegen wir zu schließen, denn wir wollen wirksam arbeiten und nicht nur der Imagepflege des Senats dienen«. Claudia Fischer kann sich eventuell vorstellen, mit drei Leuten zu arbeiten, aber »dann muß der Osten halt sehen, wo er bleibt«. Dies sei angesichts der Ausweitung der Prostitution auch im Osten der Stadt katastrophal.

Berichtet wurde zudem, daß es in Berliner Krankenhäusern »jede Menge Aids-Kranker gebe, die — obwohl sie es wollen — nicht aus der Klinik entlassen und zu Hause sterben können, weil es zu wenig Möglichkeiten der ambulanten Pflege gibt«.

Nicht nur die ambulante Betreuung des genannten Personenkreises stehe »vor dem Zusammenbruch«, auch die stationäre Versorgung der Aids-Kranken werde beschnitten. So soll nach Angaben der Gruppen die Tagesklinik mit 60 Betten im Charlottenburger Universitätsklinikum Rudolf-Virchow geschlossen und mit nur 20 Betten am neuen Standort im Bezirk Wedding wieder eröffnet werden.

Auch das Kreuzberger Aids- Wohnprojekt »ZiK e.V.« (Zuhause im Kiez), das obdachlosen Aids- Kranken und HIV-Positiven Wohnungen vermittelt — und damit oft erst die Pflege zu Hause ermöglicht —, steht vor dem Aus. Obwohl seit Herbst 1989 mehr als sechzig Betroffenen Wohnungen vermittelt wurden, ist das Projekt nur noch bis Ende März gesichert. Die Prävention (Vorsorge) im Ostteil der Stadt und die Beratung der rund 30 Positiven und Kranken durch das ehrenamtliche Projekt »Pluspunkt e.V.« müssen völlig ohne Staatsgelder gemacht werden. Hier will der Senat vorerst keinen Pfennig investieren, auch ein geplanter schwuler Info-Laden hat wohl keine Chance. adn/dpa/taz

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