piwik no script img

Konflikt Baker — Bush über Golfpolitik

Präsident Bush versucht den Außenminister aus der aktuellen Golfpolitik herauszuhalten  ■ Aus Washington A. Zumach

Zwischen Präsident George Bush und seinem Außenminister James Baker gibt es Entfremdung, möglicherweise sogar handfeste Differenzen in der Golfkriegspolitik. Ursache scheint nicht mehr allein die in Krisenzeiten übliche Arbeitsteilung innerhalb der Regierungsadministration zu sein. Für diesen Eindruck, der sich Journalisten und politischen BeobachterInnen in den letzten drei Wochen in Washington aufdrängte, liefern jetzt auch MitarbeiterInnen des State Department eine Reihe von Indizien. Sie bestätigen, was bislang nur eine Vermutung war: über die Nahost-Erklärung, die Baker am 28. Januar gemeinsam mit seinem sowjetischen Amtskollegen Bessmertnych verfaßte, gab es bei Bush, seinem Sicherheitsberater Scowcroft und Verteidigungsminister Cheney erhebliche Verstimmung. Ihr Ärger galt sowohl einigen Inhalten der Erklärung als auch dem von Baker gewählten Verfahren. Der Außenminister hatte die Erklärung im Alleingang und ohne Vorabinformation des Präsidenten verfaßt und wenige Stunden vor Bushs State of the Union-Rede veröffentlicht. Seitdem bestimmt das Führungstrio Bush, Scowcroft, Cheney die Golfkriegspolitk weitgehend alleine und hält Baker auf Abstand.

Der Außenminister und sein Ministerium traten in den letzten drei Wochen öffentlich ausschließlich mit Überlegungen zur Nachkriegszeit in Erscheinung, so beispielsweise mit Plänen für eine „umfassende Nahostfriedensregelung“. Um dieses Feld nicht ganz Baker zu überlassen, beauftragte Bush inzwischen Scowcrofts Stellvertreter Gates ebenfalls mit der Ausarbeitung von Konzepten für eine künftige Nahostpolitik.

Nach Darstellung seiner MitarbeiterInnen spielt Baker aber auch aus eigenem Antrieb heraus derzeit keine profilierte Rolle im Zusammenhang mit dem Golfkrieg. Der Außenminister sei „nicht sicher“, daß die von Bush und dem Pentagon eingeschlagene „Strategie der totalen Niederlage für Saddam Hussein“ letzten Endes erfolgreich ist. Zwar hat Baker kein Alternativkonzept. Aber der — oft mit dem bundesdeutschen Außenminister Genscher verglichene — gerissene Taktiker hält sich jetzt bedeckt, um im Fall eines Scheiterns der Bush-Strategie vor allem innenpolitisch nicht auf der Verliererseite zu stehen. Hinweise hierfür lieferte auch das Interview, das Baker am Sonntag dem Fernsehsender CNN gab. Zwar setzte er sich in der Substanz nicht von Bush ab. Doch sehr viel deutlicher als der Präsident und zumal als das Pentagon („Die Zeit der Diplomatie ist seit Kriegsbeginn vorbei.“) lobte der Außenminister die jüngste sowjetische Verhandlungsinitiative und wünschte ihr Erfolg.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen