: Krieg geht „planmäßig“ weiter
■ Bagdad: Seit Kriegsbeginn 20.000 Opfer/ Erste Artillerie-Scharmützel und letzte Vorbereitungen für die Landschlacht/ Greenpeace: Auf Mine aufgelaufenes US-Schiff hat Atomwaffen an Bord
Dhahran/Riad/Hamburg (afp/ dpa) — Ungeachtet aller diplomatischen Bemühungen setzen die USA und ihre Verbündeten den Krieg gegen den Irak „planmäßig“ fort, erklärte der Sprecher des US-Präsidenten, Marlin Fitzwater. Die Vorbereitungen für den Bodenkrieg liefen in jedem Fall weiter, stellte er klar.
In der Nacht zum Dienstag erlebte die irakische Hauptstadt den schwersten Luftangriff seit Tagen. Nach einem von Radio Bagdad verbreiteten Militärkommuniqué flogen die multinationalen Streitkräfte in der Nacht insgesamt 244 Luftangriffe, davon 179 auf militärische und 65 Angriffe auf zivile Ziele. Die „barbarischen Überfälle“ hätten ihre Absicht nicht erreicht, die Bevölkerung zu demoralisieren.
An der Front im Norden Saudi- Arabiens könnten die Bodentruppen schon morgen zur großen Offensive antreten, sagte Brigadegeneral Daniel Gazeau, stellvertretender Kommandeur des französischen Kontingents. Die letzten Vorbereitungen auf den Angriff finden ihren Ausdruck auch in einer verstärkten Aufklärungs- und Spähtrupptätigkeit der multinationalen Truppenverbände. Wie verlautet würden dabei auch Vorstöße ins Niemandsland unternommen.
Seinerseits erklärte der Chefkommandant der irakischen Elitetruppe Republikanische Garde, General Ajad Chalifa, seine Verbände hätten durch die fortgesetzten Luftangriffe nur „unbedeutende“ Verluste erlitten. Die Bombardierungen seien für seine Leute „zur Routine geworden“, wird Chalifa von der amtlichen irakischen Nachrichtenagentur 'Ina‘ zitiert.
Das US-Kriegsschiff „Princeton“ und der Hubschrauberträger „Tripoli“ sind am Montag im Golf auf Treibminen aufgelaufen, wobei sieben Matrosen verletzt wurden, teilte US-Militärsprecher Neal in Riad mit. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace wies in diesem Zusammenhang darauf hin, daß die US- Kriegsschiffe höchstwahrscheinlich Atomwaffen an Bord hätten. Von den 26 „Tomahawk“-Raketen an Bord der Princeton „sind in der Regel sechs mit nuklearen Sprengköpfen versehen“, sagte eine Greenpeace-Sprecherin in Hamburg. Allein die Wahrscheinlichkeit, daß es zu Unfällen komme, müsse Grund genug sein, auf Atombewaffnungen generell zu verzichten.
Zum ersten Mal seit Kriegsausbruch haben britische Artillerie-Einheiten irakische Stellungen beschossen, teilte ein Militärsprecher in Riad mit. Der Angriff bedeute nicht notwendigerweise den Beginn einer umfassenden Bodenoffensive, betonte der britische Militärsprecher. Zum ersten Mal waren auch Piloten und Flugzeuge der Vereinigten Arabischen Emirate an Luftangriffen gegen den Irak beteiligt.
Immer mehr Kinder und ältere Menschen flüchten aus den südirakischen Städten Al Amara und Al Nasserija in die nahe gelegene Wüste und sind dort wegen fehlender medizinischer Versorgung und mangelnder Ernährung vom Tode bedroht, meldete die iranische Nachrichtenagentur 'Irna‘.
Nach Angaben eines irakischen Regierungsmitgliedes sind in den ersten vier Wochen des Golfkrieges mehr als 20.000 Iraker getötet und 60.000 verwundet worden. Wie die Teheraner Zeitung 'Dschumhuri Eslami‘ am Dienstag berichtete, nannte der stellvertretende irakische Ministerpräsident Saadun Hammadi diese Zahlen in der vergangenen Woche im Gespräch mit dem stellvertretenden iranischen Außenminister Ali Mohammed Bescharati. Aus dem Bericht ging nicht hervor, wie sich die Zahl der Todesopfer auf Zivilpersonen und Soldaten verteilt. Die Teheraner Zeitung meldete weiter, Hammadi habe die durch den Luftkrieg im Irak angerichteten Schäden auf rund 200 Milliarden Dollar geschätzt.
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