: Kein Schnee — kein Smog
■ Der warme Winter und viel Wind haben gefährliche Inversionswetterlagen verhindert
hierhin bitte
die Autos
Die Inversionswetterlage verspätet sich zwar in diesem Jahr, aber die Autos stehen zur Smog-Erzeugung schon bereit. Wär doch gelacht.Foto: Archiv
Erst kommt der Herbst, dann kommt Weihnachten, danach ein bißchen Schnee und dann der Smog. Spätestens Anfang Februar, so will es der Lauf der modernen Jahreszeiten, verpestet die stinkende, braun-graue Brühe die Luft europäischer Großstädte und wabert auch durch die Spalten ihrer Zeitungen. Austauscharme Wetterlage, Inversionswetter, Smogalarm, Fahrverbot — die Begriffe aus dem laufenden Krieg maschinell hochgerüsteter Industriesysteme gegen die Natur sind uns vertraut. Jahrelang wurde auch in Bremens Bürgerschaft das Gefecht um eine Smogverordnung geführt. Und was passiert? — Schon im vierten Jahr will in Bremen einfach kein Smog mehr kommen.
Dabei sind wir bestens gewappnet: An fünf Stellen stehen inzwischen die Meßgeräte des Blues. Das ist das Bremer Luftüberwachungssystem. Aber die Mengen an Schwefeldioxyd, Kohlenmonomyd, Stickstoffdioxyd, Staub und Ozon zeigen nicht die geringste Neigung, sich auch nur annähernd auf die Grö
ßenordnung der SmogGrenzwerte aufzuschwingen. Wie bereits in den vergangenen Wintern bleiben SO2 und NO2 unter der 100-Milligramm-proKubikmeter-Grenze. Erst bei 600 mg würde Smog-Voralarm ausgelöst. Und drastische Maßnahmen wie Fahrverbote gäbe es gar erst bei 1.800 bzw. 1.400 mg Schadstoff pro Kubikmeter Luft.
Dabei hing das Bremer Wetter zum Beispiel gestern durchaus smoggrau über der Stadt. Auch die Temperatur-Inversion zwischen kalter Luft am Boden und wärmerer darüber lag schon in 400 Metern Höhe und damit deutlich unter der 700-Meter-Grenze, die sich die Meteorologen als Smog-Kriterium gesetzt haben. Aber was noch fehlt ist der Wind aus Süd-Ost, der die dicke Ablauft aus den Braunkohleheizungen ehemals realsozialistischer Schornsteine herüberblasen könnte.
„Ich war letztes Wochenende im Harz, da habe ich den Smog schon hinter dem Brocken hängen gesehen“, berichtet der zuständige Luftwertmesser im Bremer Umweltressort. Jutta Perkuhn, Meteorologin vom Dienst beim Wetteramt am Bremer Flughafen, sagt es so: „Für Smog war in Bremen bisher entweder zuviel Wind oder keine Inversionswetterlage.“ Nur ein einziges Mal, am 14. Oktober, hatte es in den letzten Monaten eine „austauscharme Wetterlage“ ohne die übliche Nordseebrise in Bremen gegeben. Auch die warmen Winter der letzten Jahre haben dem Smog entgegengewirkt. Denn ohne Schneedecke fällt der Temperaturunterschied zwischen kaltem Erdboden und wärmeren Luftschichten in der Höhe zumeist geringer aus, als es für die Smogbildung nötig wäre. Durchschnittlich 29 Tage mit Schneedecke gibt es in Bremen im langjährigen Mittel, 1969/70 waren es gar 84, in diesem Winter bislang jedoch nur ganze sieben.
Der letzte Bremer Smog-Voralarm war am 3. Februar 1987. Daß es dazu nicht wieder kam hat auch mit einem Umstand zu tun, den die Wetterforscherin so ausdrückt: „Ein bißchen Glück ist auch immer noch dabei.“ Ase
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