piwik no script img

Bonn will Berlin den Geldhahn zudrehen

■ Senat schäumt wegen gekürzter Förderung und mickriger Aufbauhilfe/ Berliner CDU droht mit Berliner Bundesrats-Veto gegen Haushaltspaket

Berlin/Bonn. Baldiger Abbau der Berlinförderung und statt den geforderten sechs Milliarden Mark Aufbauhilfe nur ein Sechstel davon: der Bundesfinanzminister machte gestern Nägel mit Köpfen. In der Kabinettssitzung in Bonn legte er einen Gesetzentwurf zum Haushalt 91 vor, der auch den Abbau der Zonenrand- und Berlinförderung regelt und gestern beschlossen wurde. Jetzt muß es noch der Bundestag beraten und verabschieden. Die gesamte Berlinförderung soll bis Ende 1994 abgebaut werden — einschließlich der achtprozentigen Arbeitnehmerzulage für Westberliner.

Waigel nennt als Ziel, den »Fördervorsprung von Berlin (West) gegenüber dem Ostteil der Stadt und den neuen Bundesländern unter Vermeidung sozialer Härten und struktureller Brüche in der Wirtschaft der Stadt« abzubauen. »Im Gespräch« ist nach den Worten von Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) auch ein konkreter Betrag für die von Berlin für den Ostteil der Stadt geforderte Bundeshilfe zum Berliner Haushalt: Während der Senat für dieses Haushaltsjahr sechs Milliarden Mark zusätzlich verlangt, ist Bonn nach den Worten von Pieroth nur zur Zahlung einer Milliarde bereit.

Der Senat reagierte gestern empört auf die Nachrichten aus Bonn: Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen und CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky wiesen das Paket als »nicht akzeptabel« zurück. Zum ersten Mal drohte die Berliner CDU in Richtung Bonn: »Der Senat sieht sich notfalls veranlaßt, seine Unterstützung für das gesamte Steuer- und Finanzpaket der Bundesregierung in Frage zu stellen«, erklärte Bürgermeister Diepgen. Im Klartext: Berlin wird im Bundesrat dem Haushalt notfalls nicht zustimmen. Auch die Bundeshilfe sei viel zu niedrig.

Auch die SPD schäumte. Zum Beispiel Landeschef Walter Momper: »Wer Berlin so die kalte Schulter zeigt, der wird mit heißem Protest zu rechnen haben.« Und für den Fraktionsvorsitzenden Ditmar Staffelt offenbaren die Beschlüsse, »daß die Regierung, Opfer ihrer bisherigen Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen, mit ihrem haushaltspolitischen Latein am Ende ist«.

Der Abbau der Zulage soll, wie berichtet, am 1. Juli dieses Jahres beginnen und dann stufenweise vollzogen werden. In diesem Jahr soll die Zulage um zwei auf sechs Prozent gekürzt werden, am 1. Januar 1992 um ein weiteres Prozent. 1993 soll sie auf drei, 1994 dann auf zwei Prozent gesenkt werden. Das Gesetz löst auch geschickt die Frage, ob ein Westberliner, der in Ost-Berlin arbeitet, weiterhin die Berlinzulage kassiert oder nicht. Wer in einem Dienstverhältnis steht, das bereits vor dem 3. Oktober 1990 bestand, behält die Vergünstigung. Drastisch gekürzt werden soll ab Juli auch die Herstellerpräferenz, die Westberliner Betriebe steuerlich begünstigt. Wegfallen soll ab Jahresmitte die sogenannte Abnehmerpräferenz, die westdeutsche Abnehmer von in Berlin produzierten Waren begünstigte. Lediglich im Bereich des Wohnungsbaus ist die Bundesregierung den Berliner Wünschen ein wenig entgegengekommen: Hier wird der Rotstift bei Krediten erst Ende des Jahres angesetzt. kd

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen