Oh wie schön ist Leningrad

■ Die unvermeidliche Verfilmung von Le Carrés „Das Rußland-Haus“

David John Moore Cornwell war jahrelang Angestellter des britischen Secret Service und verdiente seine Brötchen als Spion im Nachkriegsdeutschland. 1963 brachte er unter dem Pseudonym John Le Carré eine Geschichte (Der Spion, der aus der Kälte kam) aus seinem Milieu heraus und hatte Erfolg. Fortan erschienen regelmäßig seine literarischen Spionage-Romane, in denen es weniger um Action als vielmehr um die Gedanken- und Gefühlswelt der Geheimdienstler geht. Er zeichnet sie als von der Gesellschaft verstoßene, im Grunde problematische und unglückliche Individuen, sein Held ist meist ein sympathischer Engländer. Nach diesem Rezept baute er auch sein Russia House von 1989. Das Buch wurde als erster Glasnost-Thriller verkauft und ein Weltbestseller. Eine Verfilmung war unvermeidlich.

Was im Buch noch halbwegs funktioniert, wird im Film zur klischeegesättigten Langeweile: Die britischen Spione sind alles nette Jungs in schlechtsitzenden Anzügen, ihre amerikanischen Kollegen, allen voran Roy Scheider als Oberagent, hocken dagegen in klimatisierten Büros, umgeben von Hich-Tech-Möbeln, und halten jeden Russen für einen hinterfotzigen Trickbetrüger. Dabei laufen die armen Sowjetbürger die ganze Zeit mit einem langen Gesicht durch die Geschichte und werden erst nach ein paar Gläsern Wodka munter. Brandauer darf als russischer Wissenschaftler-Spion ein bißchen philosophieren („Wenn es noch Hoffnung geben soll, müssen wir alle unsere Länder verraten“) und betätigt sich als Fremdenführer („Auf diesem Platz begann die Revolution“). Von der Drehgenehmigung in der UdSSR hat Regisseur Fred Schepisi ausgiebig Gebrauch gemacht. Es gibt jede Menge Kamerafahrten durch Moskau und Leningrad, viele lange Schwenks, und nach dem Film kennt der Zuschauer die schönsten Brücken und Denkmäler der beiden Städte.

Das ganze Spionage-Märchen kommt einfach nicht richtig in Fahrt. Michelle Pfeiffer spielt genau so blaß wie ihr Gesicht geschminkt ist. Sean Connery mimt den Alkoholiker Barley zwar mit mit bewundernswerter Lässigkeit, seine Darstellung allein kann den Film aber nicht tragen. Ein bißchen mehr Tempo, ein paar gekürzte Dialoge, viel weniger Baudenkmäler, dafür aber eine Prise James Bond hätten den Film vielleicht retten können. Karl Wegmann

Fred Schepisi: Das Rußland-Haus mit Sean Connery, Michelle Pfeiffer, Klaus Maria Brandauer u.a. USA 1990, 129 Min.