Israel bereitet sich auf den Bodenkrieg vor

Militärexperten sprechen von Überlegenheit der westlichen Strategien/ Internationale Atomenergiebehörde soll nach Verbleib des irakischen Urans forschen/ Außenminister Arens kündigt Inventur und Neubewertung der israelischen Geheimdienste an  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Sehr zufrieden zeigten sich israelische Regierungskreise über die negative Reaktion der amerikanischen Regierung auf die sowjetischen Vorschläge zur Beendigung des Golfkrieges. Denn eine Stabilität im Nahen Osten, so heißt es in Israel, kann nur erreicht werden durch die völlige Niederlage Saddam Husseins, seine Entmachtung und die Zerstörung des irakischen Militärpotentials. Dabei wird offiziell betont, daß diese Sichtweise von Saudi-Arabien geteilt werde. Das hätten die saudischen Behörden auch gegenüber Washington bekräftigt.

In der neuesten Ausgabe der Armeezeitschrift 'Bamahane' vertritt Reservegeneral Ori Orr die Auffassung, daß der Bodenkrieg weniger schwierig wird als allgemein erwartet. Denn die westliche Militärstrategie, schreibt Orr, sei der irakischen weit überlegen, die sich auf sowjetische Modelle begründe. Unterdessen kündigte Erziehungsminister Zevulun Hammer an, daß die — vergangene Woche wieder geöffneten — Schulen im Falle eines Angriffes während des Bodenkrieges wieder geschlossen werden könnten.

Nach dem 36. Scud-Einschlag gestern auf israelischem Boden warnten israelische Militärs wieder vor einem Angriff mit Chemiewaffen. Der Angriff verursachte keine Schäden oder Verletzungen.

In der Tageszeitung 'Haarez‘ fragte der Militärexperte Zeev Schiff, was mit den 12 kg angereicherten Uran geschehen sei, die der Irak besessen hatte, bevor seine Nuklearanlage Anfang der 80er Jahre durch einen israelischen Angriff zerstört worden war. Der Irak hat den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet. Daher sollte er, meint Schiff, von der Internationalen Atomenergiebehörde aufgefordert werden, den Nachweis über den Verbleib des Uran zu führen. Experten halten es für wahrscheinlich, daß das Uran an einem geheimen und gut geschützten Ort gebracht worden ist. Die meisten Militärexperten bezweifeln die Fähigkeit des Irak zum Bau der Atombombe. Um nukleare Sprengsätze herstellen zu können, die von Flugzeugen oder Raketen transportiert werden können, werde der Irak noch Zeit brauchen.

Vor dem Ausschuß für Außen- und Sicherheitspolitik der Knesset erklärte der israelische Verteidigungsminister Arens, eine Neubewertung der Informationen, die die Geheimdienste über den Irak gesammelt haben, sei nunmehr vonnöten. Zwar seien die israelischen Dienste besser als die anderer Länder, wird Arens zitiert, dennoch bleibe die Frage, „ob die israelischen Geheimdienste die Stärke des irakischen Militärpotentials korrekt gesehen und eingeschätzt haben, sowohl im Bereich der konventionellen Fähigkeit als auch der ausgedehnten Infrastruktur nicht konventioneller Waffen“. Dies sei keine Kritik an den israelischen Geheimdiensten, betonte der Verteidigungsminister. Für die Zeit nach dem Krieg jedoch sei eine Inventur und Neubewertung der Dienste erforderlich. Während der Debatte im Außenausschuß sagte der Ausschußvorsitzende Elijahu Ben Eliassar, der Mitglied des Likud Blocks in der Knesset ist: „Dieser Krieg darf nicht enden, ohne daß Saddam Hussein den vollen Preis für die Angriffe auf Israel zahlt. Wir leben in einer Region, die besonders grausam ist, und hier muß für das Angreifen und das Verlieren bezahlt werden. Saddam darf damit nicht durchkommen.“ Und Likud-Mitglied Joshua Saguy erklärte: „Das wahre Problem Israels, die Konfrontation mit der arabischen Welt, wird sich bald nach dem Golfkrieg stellen. Israel muß vorbereitet sein, bevor diese Situation eintritt.“