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Etat mit vielen Unbekannten

■ Einsparungen und höhere Steuern sind der einzige Weg für Bonn, die Mehrausgaben zu decken/ Zur Kasse gebeten werden die ArbeitnehmerInnen

„Noch nie in der Nachkriegszeit wurde ein Etat mit so vielen Unbekannten aufgestellt“, konstatiert die 'Süddeutsche Zeitung‘. Was der Golfkrieg über die ersten elf Milliarden Mark, die Theo Waigel (CSU) im Haushaltsentwurf 1991 eingeplant hat, hinaus kosten wird, ist ebensowenig absehbar wie die Höhe des tatsächlichen Finanzbedarfs für die neuen Bundesländer.

Bisher mußten alle Prognosen über die Wirtschaft in der ehemaligen DDR zum Schlechteren korrigiert werden. Die „Talsohle“, so die Bundesbank am Dienstag, sei immer noch nicht erreicht. Ostprodukte werden im Osten (weder in den FNL noch in den ehemaligen Ostblockstaaten) wie im Westen kaum gekauft, die Arbeitslosigkeit steigt kontinuierlich; auf derzeit 21 Prozent, rechnet man die Kurzarbeit auf die Quote um. Investiert wird lange noch nicht genug, um die Wirtschaft in den neuen Ländern anzukurbeln. Zwar belaufen sich die Direktinvestitionen in diesem Jahr auf über zehn Milliarden Mark, in den alten Ländern investiert die deutsche Industrie jedoch 120 Milliarden.

Sicher scheint daher lediglich, daß die 400 Milliarden Mark, die der Bund in diesem Jahr ausgeben will, nicht ausreichen werden. 70 dieser 400 Milliarden Mark muß der Bund ohnehin als Kredit aufnehmen. Um weiteres Geld den Ländern und Gemeinden in Ostdeutschland zukommen zu lassen, mahnte die Bundesbank, müßten Einnahmen umverteilt werden, keinesfalls dürfe sich der Bund noch höher verschulden.

Die Bank befürchtet, daß sich die Haushaltsdefizite von Bund, Ländern und Gemeinden durchaus auf 155 Milliarden Mark statt 140 Mrd. belaufen könnten. Auch das Hamburger Institut für Wirtschaftsforschung (HWWA) warnte gestern, daß das hohe Haushaltsdefizit und die so angekurbelte Nachfrage die Preisstabilität gefährden und zur Inflation führen könnte.

Sparen und höhere Steuern sind also der einzige Weg für die Bundesregierung, all jene Ausgaben zu finanzieren, die über die 400 Milliarden Mark hinausgehen werden. In der Diskussion ist eine befristete „Ergänzungsabgabe“ aller SteuerzahlerInnen zusätzlich zu den Lohn- und Einkommenssteuern. SPD und Gewerkschaften bevorzugen statt dessen eine „Arbeitsmarktabgabe“, die BeamtInnen und Selbständige befristet zu zahlen hätten. Welche Steuern um wieviel erhöht werden, darauf will sich das Bundeskabinett heute einigen.

Gleichzeitig versucht der Bund, die Kosten der Einheit von den alten Bundesländern mitbezahlen zu lassen. Denn an der deutschen Einheit hat die Wirtschaft der alten Länder bislang hervorragend verdient; entsprechend mehr Steuern sind in die Länderkassen geflossen. Auch die SPD-regierten Länder werden deshalb auf der Ministerpräsidentenkonferenz am 28. Februar wahrscheinlich einlenken und die Ostländer zumindest voll an den Umsatzsteuern beteiligen. Das brächte fünf Milliarden Mark in die leeren Ostkassen. Bisher sollen die neuen Länder nur einen 55-Prozent- Anteil von der Umsatzsteuer bekommen.

Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden hat gestern „zur Verdeutlichung der Steuerdiskussion“ ausgerechnet, daß jeder Erwerbstätige 26,74 Mark zahlen müßte, damit eine Milliarde in die Staatskasse fließt. Holte sich der Bund die Milliarde allein von den 100.000 VermögensmillionärInnen, hätte jede von ihnen rund 10.000 Mark zu berappen. Eine Milliarde käme auch zusammen, wenn ein Liter Benzin um drei Pfennige teurer würde. Donata Riedel

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