: Bonn will Berlin den Geldhahn zudrehen
■ Berlin droht nicht nur ein rascher Abbau der Berlin-Förderung, sondern auch ein riesiges Loch im Haushalt
Die große Koalition in Berlin zittert ums liebe Geld: Wie berichtet, hat das Bundeskabinett am Mittwoch die Gesetzesentwürfe von Finanzminister Theo Waigel abgesegnet, die Berlin-Förderung bis Ende 1994 stufenweise abzubauen. Mit dem Berliner Senat waren die Entwürfe nicht abgesprochen worden, die Berliner Politiker erfuhren von den Plänen Waigels, wie schon oft vorher, nur aus der Zeitung. Inbegriffen ist darin auch die achtprozentige Arbeitnehmerzulage für ehemalige WestberlinerInnen, die bereits ab 1. Juli dieses Jahres um zwei Prozent gekürzt werden soll. Bleibt es bei dem vorgesehenen Entwurf, verliert Berlin in diesem Jahr ein Fördervolumen von 1,56 Milliarden Mark. Bedroht ist aber nicht nur der Geldbeutel der ArbeitnehmerInnen, sondern auch der Industriestandort Berlin. Bei einem derart raschen Abbau der Förderinstrumente fürchten die Berliner Gewerkschaften einen Verlust von 30. bis 50.000 Arbeitsplätzen. Die Firma SEL hat bereits die Entlassung von 2.700 Mitarbeitern angekündigt, die im Zusammenhang mit den drohenden Kürzungen stehen.
Nicht weniger alarmierend ist ein anderes Gerücht aus Bonn, das der Berliner Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) bestätigte: Von den sechs Milliarden Mark Bonner Zuschüssen zum Berliner Haushalt, die Berlin gefordert hat, um den maroden Ostteil der Stadt zu sanieren, will Waigel höchstens eine Milliarde bewilligen. Drastische Umverteilungen aus dem Westberliner Haushalt wären die Folge, bleibt es bei diesem Betrag. Der Berliner Senat hat aus Protest angedroht, notfalls den gesamten Finanz- und Steuerplänen der Bundesregierung im Bundesrat nicht zustimmen zu wollen. Der Berliner Haushalt wurde bisher etwa zur Hälfte mit der sogenannten Bundeshilfe aus Bonn bestritten. Für Westberlin hat der alte rot-grüne Senat noch einen Haushalt für das Jahr 1991 verabschiedet, der jetzt um den Ostteil erweitert werden muß. Da das Steueraufkommen wie in allen Ostländern viel geringer ist, als vorher berechnet, will Berlin Bonn noch einmal in die Pflicht nehmen, um die Folgen der jahrzehntelangen Teilung der Stadt zu beseitigen. kd (Siehe Seite 10)
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