: Bush setzt Saddam Ultimatum / Sofortiger Rückzug oder Bodenkrieg
Berlin (taz) — US-Präsident George Bush hat dem Irak gestern ein Ultimatum zum bedingungslosen Rückzug aus Kuwait gestellt: Danach sollen die irakischen Truppen heute um 12 Uhr amerikanischer Zeit (18 Uhr MEZ) mit dem bedingungslosen Rückzug aus Kuwait beginnen und ihn binnen einer Woche abgeschlossen haben. In einer Reaktion auf die Annahme des sowjetischen Friedensplans durch den Irak verlangte Bush, daß der Irak zuvor in einer entsprechenden öffentlichen Erklärung der zuständigen Stellen den bedingungslosen Abzug akzeptiert. Der Präsident sagte, mit dem in Moskau angenommenen Plan habe der Irak nur oberflächlich betrachtet mehr Vernunft gezeigt. Er bleibe bei einer Reihe von Bedingungen, die nicht mit der UNO-Forderung nach einem bedingungslosen Abzug vereinbar seien. Dennoch dankte Bush dem sowjetischen Präsidenten Gorbatschow für seine Initiative.
Zwei Stunden später stieß sein Sprecher Marlin Fitzwater ins gleiche Horn und bezeichnete den Gorbatschow-Plan als eine „ernste und sinnvolle Bemühung“. Gleichzeitig führte er aus, unter welchen Bedingungen die Alliierten von der geplanten Bodenoffensive Abstand nehmen:
1) Beginn des Truppenrückzuges „in großem Umfang“ vor Ablauf des Ultimatums.
2) Vollständige Abwicklung des Rückzuges innerhalb einer Woche. Eine längere Frist verstoße gegen die in der UNO-Resolution 660 niedergelegte Forderung nach einem schnellen Rückzug.
3) Nach Ablauf der Woche müssen die irakischen Truppen an denselben Standorten stationiert sein wie vor dem 1. August 1990.
4) Vollständige Räumung der Hauptstadt Kuwait City, der beiden kuwaitischen Inseln im Golf und des Ölfeldes an der irakisch-kuwaitischen Grenze innerhalb von 48 Stunden nach Ablauf des Ultimatums sowie die Wiedereinsetzung der „legitimen Regierung“.
5) Freilassung aller Kriegsgefangenen sowie festgehaltenen Zivilpersonen innerhalb der ersten 48 Stunden.
6) Beseitigung der Sprengsätze und Minen inklusive der an den Ölfeldern angebrachten. Volle Offenlegung aller diesbezüglichen Informationen gegenüber den Streitkräften der USA und ihrer Alliierten.
7) Beendigung jeglichen militärischen Flugverkehrs mit der Ausnahme des Einsatzes von Transportflugzeugen, die für den Rückzug nach Irak eingesetzt werden.
8) Beendigung aller feindlichen Handlungen gegen kuwaitische Zivilisten
Bei Einhaltung dieser Bedingungen würden die Streitkräfte der USA und ihrer Verbündeten jegliche Kampfhandlungen einstellen. Die US-Regierung verlangt darüber hinaus, daß Bagdad jeglichen Anspruch auf Kuwait ausdrücklich aufgibt und die Besetzung und Annexion für null und nichtig erklärt. Über die Aufhebung von Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates sowie der gegen Irak verhängten Sanktionen kann nach Auffassung der Bush-Administration nur der Sicherheitsrat selber entscheiden.
Massive Angriffe auf irakische Frontstellungen
Noch gestern sollte nach den Worten von UNO-Generalsekretär Perez de Cuellar der Sicherheitsrat zusammentreten, um den sowjetischen Vorschlag zu prüfen. Perez nannte ihn „sehr ernsthaft und außerordentlich ermutigend“. Formal muß der Rat über einen Waffenstillstand entscheiden. Nach Angaben von Fitzwater gab es vorherige Beratungen über die amerikanische Haltung zum Friedensplan. Der Sprecher sagte, die Koalition sei „stark und einig“.
Ungeachtet der Friedenssignale ging der Golfkrieg weiter. Luftangriffe und schweres Trommelfeuer der Alliierten auf irakische Frontpositionen an mehreren Abschnitten der Grenze bestimmten das Geschehen.
Der Irak schoß in der Nacht zuvor eine Scud-Rakete auf Bahrain ab, die jedoch abgefangen wurde. Meldungen aus Bagdad, nach denen die Bodenoffensive der Alliierten bereits begonnen habe, wurden von einem Sprecher des Pentagon kategorisch dementiert. SEITEN 2 UND 3
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