: Trefferquote nicht sehr hoch
Zielgenauigkeit der US-Bomben und Raketen geringer als bislang öffentlich behauptet/ Moschee von Basra wurde Opfer einer Abweichung von 800m ■ Von Andreas Zumach
Washington (taz) — Von der Luftwaffe der Vereinigten Staaten über dem Irak und Kuwait abgeworfene Bomben haben in weit mehr Fällen, als bislang vom Pentagon und der politischen Führung in Washington öffentlich zugegeben, ihre militärischen Ziele nicht voll oder überhaupt nicht getroffen. Auch die Beschädigung oder Zerstörung ziviler Gebäude und Einrichtungen ist weit größer, als bisher eingeräumt wurde. Nach inoffiziellen Aussagen von Vertretern des Pentagon und der Luftwaffe sind möglicherweise tausende herkömmliche Fallbomben und hunderte lasergesteuerte Präzisionssprengkörper danebengegangen. Auch die Treffgenauigkeit der von US-Schiffen im Golf abgeschossenen Cruise Missiles ist nicht so groß wie offiziell dargestellt. Das Pentagon hat bislang zum Thema Trefferquote nur einige Videos veröffentlicht. Sie zeigen sämtlich lasergesteuerte Präzisionsbomben sowie „Tomahawk“-Cruise-Missiles, die ihr militärisches Ziel voll treffen. Informationen über danebengegangene Munition werden bislang überhaupt nicht veröffentlicht. Reagiert hat das Pentagon lediglich auf einige Fersehbilder von zerstörten oder beschädigten Zivilgebäuden. In ganz wenigen Fällen — zum Beispiel nach der Zerstörung des Marktplatzes der irakischen Stadt Fallujah — wurden Fehler eingeräumt. Meist wird jedoch erklärt, die Iraker hätten das betreffende Zivilobjekt selber zerstört (z. B. die Moschee von Basra) oder aber, es habe sich um eine getarnte militärische Anlage gehandelt (z. B. der Bunker in Bagdad).
Angesichts der Gesamtmenge von 150.000 Bomben mit einem Gewicht von rund 110 Millionen Pfund, die in den ersten fünf Kriegswochen abgeworfen wurden, sind diese Informationen nicht mehr als spärliche Anekdoten.
Im Pentagon wird auf der Basis der vorliegenden, durch Aufklärungsflugzeuge gewonnenen Bombenschadenabschätzungen zwar davon ausgegangen, daß 95 Prozent der lasergesteuerten Präzisionsbomben ihr vorbestimmtes Ziel voll getroffen haben. Diese sogenannten „intelligenten“ Bomben machen jedoch nur fünf bis zehn Prozent des bislang eingesetzten Arsenals aus.
Der Rest sind herkömmliche ungesteuerte Fallbomben mit ballistischen Flugbahnen. Für sie wird die Trefferquote pentagonintern auf unter 50 Prozent angesetzt — das heißt, rund die Hälfte trafen ihr Ziel nicht voll und gingen bis zu einem Kilometer daneben. Einige dieser herkömmlichen Bombentypen wurden bereits für den zweiten Weltkrieg entworfen. Ein Beispiel für eine weit danebengegangene Bombe gab das Pentagon letzte Woche preis bei dem Versuch, den Irakis die Zerstörung der Moschee von Basra in die Schuhe zu schieben. Die von der US-Luftwaffe zum fraglichen Zeitpunkt eingesetzten Bomben hätten zwar ihr militärisches Ziel „um eine halbe Meile (ca. 800 Meter d. Red)“ verfehlt, jedoch „nicht die Moschee getroffen“, erklärte ein Pentagonsprecher. Vertreter der US-Navy gehen davon aus, daß nur 85 bis 90 Prozent der als besonders treffsicher gerühmten „Tomahawk“-Cruise-Missiles ihre vorbestimmten Ziele getroffen haben. Das heißt, daß von den in den ersten fünf Kriegswochen abgefeuerten 290 „Tomahawk“ mindestens 29 danebengingen. Wie groß die Diskrepanz zwischen den bisherigen öffentlichen Behauptungen über die Treffergenauigkeit selbst der lasergesteuerten Präzisionsbomben ist, ließe sich auch am Beispiel des US- Bombenangriffs auf Libyen im Jahre 1986 nachweisen.
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