: Schüler gegen den Krieg - schlechte Schüler?
■ Betr.: Schüler-Demos gegen den Golfkrieg
Betr.: Schüler-Demos gegen den Golfkrieg
Sehr geehrter Herr Kleemann, wie wir aus Ihrem Munde vernehmen durften, haben Sie sich bis jetzt weder um bildungspolitische Probleme gekümmert noch Interesse an ihnen gehabt. Ihre Zeit als Zehlendorfer Bürgermeister bestätigt das. Trotzdem wurden Sie von Ihren Parteifreunden in das Amt des Schulsenators gehoben. Man muß für Sie eine Verwendung finden, hieß es in der Presse. Egal wie Sie zu dem Amt gekommen sind, über Qualifikation sicher nicht. Das zeigte sich dann auch an Ihrer sicher durchdachten Bemerkung, wie Sie in Zukunft mit Schülern, die gegen den Krieg demonstrieren, umgehen wollen. Ich finde auch, diese Schüler sollte man in der Schule einsperren. Sollen doch die Lehrer zusehen, wie sie mit der Angst, der Wut und den verzweifelten Ohnmacht der Schüler fertig werden. Laut Schulgesetz sollen wir die Schüler zu Demokraten erziehen und das heißt in Deutschland schließlich immer noch zu Untertanen, denen man vorschreibt, wie man gegen welchen Krieg zu sein hat. Setzt der Krieg die Demokratie und das Schulgesetz außer Kraft? [...]
Seit Beginn unserer Berufstätigkeit als Lehrer, also seit 25 Jahren, versprechen uns abwechselnd alle Parteien eine Verbesserung der Schulsituation. Abgesehen von ein paar Trostpflästerchen hat sich jedoch nichts geändert. Zwar sind in dieser Zeit die Klassenfrequenzen gesenkt worden, die Probleme aber nahmen zu. Von 28 Schülern sind heute mindestens zehn verhaltensgestört: Vor allem hat man versäumt, die Schule nach den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Lebenssituation auszurichten. In einer Zeit, in der die familiären Verhältnisse immer instabiler werden (steigende Scheidungsraten, Familienkrisen, soziale Not) hat man zum Beispiel die Gesamtschule erfunden: Man hat den Schülern auch noch die Klassenlehrerin (oder Lehrer) und die Klassengemeinschaft genommen und ihnen stattdessen eine pseudomoderne Schule hingesetzt. [...] Die Zahl der Analphabeten steigt, aus Schulschwänzern werden »Runaways« und aus psysisch vernachlässigten Kindern werden Kriminelle und Drogenabhängige. Einem Jugendlichen zu helfen, bevor er drogenabhängig oder kriminell wird, ist aber nicht nur humaner, sondern auch noch billiger. [...] Aber in Ihrer Partei hat man ja so gute Freunde in der Industrie. Vielleicht reichen die auch mal was für einen guten Zweck rüber und nicht nur für Familienausflüge in die Ägäis. Heide Pfütze, Monika Langer
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen