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Zeit des Schreckens

■ Flüchtlinge aus Kuwait berichten über irakischen Terror gegen Zivilisten

Ruweished (wps/taz) — 41 Tage Krieg und mehr als sechs Monate der Besetzung durch irakische Truppen haben Kuwait-City als eine weitgehend zerstörte und geplünderte Stadt hinterlassen, deren BewohnerInnen eine Zeit des Schreckens durchlebten.

Flüchtlinge aus Kuwait, die in den letzten Tagen an der irakisch- jordanischen Grenze eintrafen, berichteten US-amerikanischen Journalisten von Gewalttaten der irakischen Truppen und lieferten damit eine bruchstückhafte Bestätigung der am Montag von saudischen und US-Militärsprechern erhobenen Vorwürfe an die Adresse Bagdads. Allerdings lagen eine Reihe der von den Flüchtlingen beschriebenen Greueltaten schon einige Zeit zurück. Yussef Duba, ein 21jähriger Kuwaiti, sagte, zwölf seiner männlichen Verwandten seien in den letzten beiden Wochen von irakischen Soldaten verschleppt worden. Von einem von ihnen habe man die Leiche vor die Tür seines Elternhauses geworfen. Er sei mit seinen letzten Besitztümern zu Beginn der Landoffensive in seinem Chevrolet aus Kuwait-City geflohen, als dort die öffentliche Ordnung vollends zusammenbrach. In den letzten Tagen sei der Druck der irakischen Truppen auf die Bevölkerung sehr viel stärker geworden. Irakische Soldaten seien in der ganzen Stadt ausgeschwärmt; Kuwaitis, die sich Plünderern entgegenstellten, seien bestraft worden. Jeder Widerstand von kuwaitischer Seite sei mit Verschleppung und Folter beantwortet worden.

„Dann gab es die Familie Busheri“, sagte Duba. „Einer der Söhne wurde getötet, von Soldaten auf der Stelle erschossen. Den Vater nahmen sie mit, er tauchte nie wieder auf, und wir wissen nicht, was mit ihm geschehen ist.“

Zur gleichen Zeit wie Yussef Duba kam Salha Hussein Suleiman an dem Grenzposten Ruweished an, eine 50jährige Palästinenserin, die dreißig Jahre in Kuwait gelebt hatte und die vor einer Woche die Stadt verließ, da sie befürchtete, mit ihren zwei Töchtern von den US-Soldaten angegriffen zu werden. Ihre beiden Söhne mußten in Kuwait bleiben, als ihr Auto kaputt ging. Deren Schicksal läge nun „in Gottes Händen“. Sie erzählte, daß eine kuwaitische Familie in der Nachbarschaft eine Gruppe irakischer Soldaten zu einer Mahlzeit einlud, das Essen aber vergiftete. Einer der Soldaten überlebte und meldete den Vorfall. Am nächsten Tag sei das Haus der Familie von Soldaten in Brand gesteckt worden, alle seien verbrannt. Die Situation in Kuwait in den Tagen vor dem Bodenangriff sei die Hölle gewesen. „Wer nicht durch den Krieg getötet wird“, sagte sie, „stirbt an Hunger oder Durst.“

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