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Die Wiedergeburt des Tunnelplaners

■ GEWOBA-Chef Kulenkampff soll Hemelingen aus Verkehrsnot retten

“Der Verkehr vom Brüggeweg, der bislang mit 10.000 Fahrzeugen pro Tag die Anwohner unerträglich belastet, wird auf eine für die Wohnsammelstraße zumutbare Belastung von etwa 3.000 Fahrzeugen zurückgehen.“ Gute Worte fand Eberhard Kulenkampff während einer Beiratssitzung in Hemelingen für die vom Verkehrslärm betroffenen Anwohner. Und einen Plan für ein Verkehrskonzept Bremer Osten hatte er auch mitgebracht: Ein Tunnel, 1,5 Kilometer lang, sollte den Bereich entlasten. Bauzeit: 8-10 Jahre. Kostenpunkt: 125 Millionen Mark. Trotz der Versprechungen von Kulenkampf endete die Sitzung im Tumult. So berichtet der Weser Kurier in seiner Ausgabe vom 8.2.1980.

Elf Jahre später, am Donnerstag abend, war der frühere Senatsdirektor Bau, Eberhard Kukenkampff, wieder im Beirat Hemelingen zu Gast, dieses Mal als Chef der GEWOBA. Das Wohnungsbau-Unternehmen soll für den Bausenator retten, was in Hemelingen noch zu retten ist. Denn von Kulenkampffs damaligen Verkehrskonzept ist nichts mehr übrig geblieben. Zuletzt wurde Ende letzten Jahres der Tunnel von einem SPD-Landesparteitag definitiv begraben. Die Zustände am Brüggeweg und der Schlengstraße aber haben sich dramatisch verschlechtert. 18.134 Fahrzeuge pro Tag, davon 1.365 LKW's haben die Anwohner Anfang Februar gezählt. Und auf dem Flur des Ortsamtes zeigen sie das Ergebnis von Lärmmessungen, die sie in den letzten Tagen durchgeführt haben. Wenn die dicken LKWs drei Meter vor den Fenstern vorbeidonnern, schlägt der Pegel bis auf 90 Dezibel aus. Das entspricht dem Krach, den ein Preßlufthammer erzeugt.

Kein Wunder, daß die Hemelinger nichts und niemandem mehr glauben wollen, schon gar nicht Eberhard Kulenkampff. Und so stand der GEWOBA-Chef im Beirat auf verlorenem Posten. „Wir haben kein großes Vertrauen in eine Untersuchung, die mit Ihrem Namen verbunden ist“, „Eine Frechheit, uns so etwas anzubieten“, „Da kommt doch wieder nur Mist 'raus“ — an der Ablehnung änderte auch das Verständis nichts, daß Kulenkampff für die Anwohner aufbrachte. „Der engere Bereich ist unbewohnbar“, befand auch er und: „Was Sie aus der Betroffenheit heraus sagen, ist völlig richtig.“

Anders als vor elf Jahren konnte Kulenkampff dem Beirat und den Zuhörern auch noch kein Konzept präsentieren. Denn zunächst sollen einmal in den nächsten 18 Monaten „vorbereitende Untersuchungen zur Festlegung eines Sanierungsgebietes“ durchgeführt werden. 300.000 Mark sind dafür von der Baudeputation bewilligt worden. Kulenkampffs Ansatz: Er will seine fünfköpfige Gewoba-Crew, deren Leiter Christian Bruns Erfahrung als Bremerhaven-Sanierer und Vorsitzender der dortigen SPD-Fraktion hat, von „Wohnung zu Wohnung“ gehen lassen, um die Meinung der Hemelinger zu den Problemen im Stadtteil zu erfragen. „Nicht beim Verkehr anfangen, sondern bei den Menschen“, so Kulenkampffs Überschrift. Und: „Von früher will ich nichts mehr wissen. Da vertrat ich übergeordnete Interessen, jetzt vertrete ich die Interessen Hemelingens.“

„Eine Frechheit, uns so etwas anzubieten“, konterte Christiane Köhl von der Bürgerinitiave Nachbarschaft Hemelingen. Und ein anderer meinte: „Die Probleme sind mehr als 10 Jahren bekannt. Die brauchen Sie doch nicht zu untersuchen.“

Und da zeigte sich, daß Kulenkampff doch schon genauere Vorstellungen hat, was am Ende der Untersuchung als Ergebnis herauskommen könnte: Ein Verkehrskonzept, wie er es bereits 1980 entwickelt hatte. Kulenkampff mit indirekter Kritik am Senat: „Das Verkehrskonzept ist zerbröckelt worden. Die Beneckendorffallee ist zu meinem Entsetzen zerbröckelt, und der Tunnel ist zerbröckelt.“ Seine klare Aussage im klaren Widerspruch zur politischen Beschlußlage: „Der Tunnel war fester Beschluß. Ich will dieses Ziel doch noch mal verfolgen. Die wohnstraßenfreie Verbindung muß dabei herauskommen.“ Holger Bruns-Kösters

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