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Waffe des Friedens

■ Südafrika wird auch dieses Jahr trotz eines ablehnenden Beschlusses des Abgeordnetenhauses an der ITB teilnehmen. Nina Kraatz und Benno Hopmann kommentieren den Schlängelkurs des Senats und die andauernde Notwendigkeit

Südafrika wird auch dieses Jahr trotz eines ablehnenden Beschlusses des Abgeordnetenhauses an der ITB teilnehmen. NINI KRAATZ UND BENNO HOPMANN kommentieren den Schlängelkurs des Senats und die andauernde Notwendigkeit von Sanktionen

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ls wir letztes Jahr im März vor den Messenhallen gegen die Anwesenheit Südafrikas auf der Tourismusbörse protestierten, hofften doch viele von uns, das sei 1991 nicht mehr nötig. War doch Mandela frei, die Befreiungsorganisationen wieder zugelassen und die Bedingungen für Verhandlungen zwischen der südafrikanischen Regierung und dem ANC sollten bald erfüllt werden.

Ein Jahr später wissen wir zwar, daß Gespräche stattgefunden haben. Da gab es das Versprechen, daß politische Gefangene freigelassen werden, aber bisher sind nur etwa 300 von 3.000 entlassen — und auch diese können jederzeit wieder verhaftet werden, da die Sicherheitsgesetze noch uneingeschränkt in Kraft sind. Exilanten sollten zurückkehren können, aber bis heute sind die Bedingungen für die meisten unzumutbar. Weiße Schulen sollten entscheiden können, auch schwarze Schüler aufzunehmen — aber im Einzelfall gibt es dann so viele Bedingungen, daß für die allermeisten Schwarzen auch dies keine Möglichkeit ist, eine bessere Schulbildung zu bekommen.

Ganz deutlich zeigte sich jetzt am 1.Februar, was zur Zeit in Südafrika abläuft: Im Parlament kündigte der Staatspräsident F. W. de Klerk die Abschaffung von drei Apartheid-Gesetzen (Landesgesetz, Gesetz über die Einteilung in Rassen und getrennte Wohngebiete) an. Ein mutiger Schritt, der auch von der konservativen Partei durch Verlassen des Saales gewürdigt wird! Aber draußen, vor dem Parlamentsgebäude demonstrieren 30.000 Schwarze und fordern ihr Mitbestimmungsrecht. Solange sie von den politischen Entscheidungen ausgeschlossen bleiben, wird sich auch durch Abschaffung der Apartheid-Gesetze kaum etwas an ihrer desolaten solzialen Lage ändern.

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nd genauso wichtig wie in Südafrika der Generalstreik an diesem Tag war, um der Forderung nach politischen Rechten Nachdruck zu verleihen, ist es wichtig, vom Ausland den Druck auf die südafrikanische Regierung durch Beibehaltung der Sanktionen aufrechtzuerhalten.

Nelson Mandela, Vizepräsident des ANC, hat ganz eindeutig und scharf reagiert, als die EG Anfang Februar die Aufhebung der Sanktionen ankündigte: Sanktionen seien „die wichtigsten Waffen des Friedens“ und müßten weitergrführt werden, bis zu einem Zeitpunkt, den die Befreiungsbewegungen bestimmen müßten!

Am 18.2.91 haben die Außenminister von neun Commonwealth-Staaten in London beschlossen, die Sanktionen gegen Südafrika bis zur Verabschiedung einer neuen Verfassung beizubehalten. Die Commonwealth-Kommission folgte damit einer Forderung des ANC. Erste „klare, konkrete Taten“ rechtfertigten ein Ende des Wirtschaftsembargos, sagte der Kommissionsvorsitzende und kanadische Außenminister, Joe Clark.

In einem Beschluß des Abgeordnetenhauses vom 22.2.90 heißt es wörtlich: „Der Senat wird beauftragt, mit allen ihm zu gebote stehenden Mittel auf die Geschäftsführung der AMK Berlin einzuwirken, keinen neuen Vertrag mit Südafrika bzw. südafrikanischen Teilnehmern für die ITB in den kommenden Jahren außer Kraft gesetzt werden, wenn der Rassismus aus der Verfassung gestrichen ist und die Grundlagen der Apartheid beseitigt sind: Homelands, Registrierungsgesetz, getrennte Wohngebiete, Verweigerung des Demokratiegrundsatzes 'one man, one vote‘.“

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in eindeutiger Auftrag an den Senat, der eindeutig noch gilt. Und wie verfuhr der Senat mit diesem Auftrag der Volksvertreter? Am 26.Juli antwortete der Senat in einer Mitteilung an das Abgeordnetenhaus so: „Der Senat bedauert, nicht fristgemäß antworten zu können... Er bittet daher, in eine Fristverlängerung bis Ende Dezember 1990 einzuwilligen.“ Damals stand aber schon fest, daß es Anfang Dezember in Berlin Neuwahlen geben würde. Der Senat verpflichtete sich als dann über die Erledigung des AUftrages zu berichten, wenn der Senat in dieser Form überhaupt nicht mehr existiert. Auch eine Methode mit nichtgenehmen Beschlüssen des Abgeordnetenhauses fertig zu werden.

Die weltweiten Sanktionen gegen Südafrika haben Wirkung gezeigt — dafür sind die Zugeständnisse, die Ankündigungen de Klerks ein Beleg. Aber die Verantwortlichen in unserer Stadt — ob CDU oder SPD — haben vollständig versagt: Das, was sie tun konnten, haben sie nicht getan, in diesem Jahr nicht und in all den Jahren zuvor nicht, als die Apartheid in Südafrika die Menschen niederdrückte und entwürdigte.

Südafrika ist auch 1991 auf der ITB vertreten. Das verstößt gegen die Sanktionsforderungen der Bevölkerungsmehrheit in Südafrika. Berlin soll nicht mehr weiter Ausstellungsort für die Vorzüge des Apartheidlandes Südafrika sein!!

14 Uhr: Menschenkette vor den Messehallen, Hammarskjöld Platz

20 Uhr: Solidaritätsabend mit Musik, Gedichten und Informationen zu Südafrika; Hector-Peterson-Schule, Tempelhofer Ufer 15, 1/36 (U-Bhf. Möckernbrücke)

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