Keine Verjährung für SED-Unrecht

■ Mehr als 30.000 politische Urteile erfaßt/ Salzgitter überprüft Justizbeamte

Erfurt. „Ich werde alles, was rechtspolitisch möglich ist, unternehmen, damit es keine Verjährung von Unrechtstaten durch das SED-Regime geben wird.“ Das erklärte Thüringens Justizminister Dr. Hans-Joachim Jentsch während eines Pressegesprächs aus Anlaß einer Präsentation des Salzgitterreports. Die Autoren dieses Buches — Oberstaatsanwalt Heiner Sauer, derzeit Leiter der Zentralen Erfassungsstelle in Salzgitter, und sein Geschäftsstellenleiter Hans-Otto Plumeyer — bieten erstmals einen kleinen Einblick in das Archiv und seine Arbeitsweise.

Sauer bemerkte ausdrücklich, daß der Report ein Buch für die Opfer und gegen die Täter sei. Es solle einer beginnenden Resignation der Geschädigten vorgreifen und die Bestrafung der Täter anmahnen. In Salzgitter sind von den Justizbehörden seit Gründung der Einrichtung vor 30 Jahren mehr als 30.000 politische Urteile, 4.515 Tötungsdelikte, über 2.700 Mißhandlungen, davon 635 aus rein politischen Motiven, für das Gebiet der ehemaligen DDR zusammengetragen worden.

Derzeit werden in der Zentralen Erfassungsstelle namentlich die ehemaligen DDR-Justizbeamten überprüft. „Die Notwendigkeit dieses Verfahrens wird daran deutlich“, so Hans-Otto Plumeyer, „daß 40 bis 50 Prozent aller in den neuen Bundesländern früher tätigen Richter mit Unrechtsurteilen registriert sind.“

Am Dienstag bereits übergaben die Beamten aus Salzgitter dem Thüringer Justizminister eine Liste der für das Land überprüften Richter und Staatsanwälte. Dr. Jentsch sprach sich für eine konsequente Einzelfallprüfung bei jedem registrierten Justizbeamten in Thüringen aus. Es werde möglich sein, bis Mitte April die Arbeit der Richterwahlausschüsse weitestgehend abzuschließen. adn