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Sabah-Familie legt sich nicht fest

■ Kriegsrecht kann auch länger als drei Monate dauern/ Bewegung in der Frauenfrage/ Minister löste mißliebige Pressekonferenz auf/ Oppositionelle schlafen nicht mehr zu Hause

Kuwait-Stadt/Berlin (wps/taz)

Saad Abdullah al Sabah, der kuwaitische Kronprinz und amtierende Ministerpräsident, flüchtete sich ins Nebulöse, als er am Donnerstag auf einer Pressekonferenz nach einer Demokratisierung des Landes gefragt wurde. Er wollte sich nicht festlegen, wie lange das zunächst für drei Monate verhängte Kriegsrecht dauern sollte; möglicherweise könne es auch länger herrschen, falls die „Familie“ es für notwendig halte. Auch einen Termin für Parlamentswahlen wollte der Kronprinz nicht nennen, da er „von verschiedenen Aspekten abhängt, vor allem der Etablierung von Recht und Ordnung“. Er fügte hinzu, das Land sei überdies nie diktatorisch regiert worden. Kuwait sei eine Demokratie mit beratenden Gremien und werde das auch bleiben. Solch vage Aussagen dürften Befürchtungen über die Intentionen des Kriegsrechts weitere Nahrung geben.

Doch immerhin scheint die Frauenfrage in Kuwait jetzt in Bewegung zu geraten. Der Ministerpräsident kündigte an, es solle geprüft werden, ob Frauen, die sich im Kampf gegen das brutale Besatzerregime hervorgetan hätten, das Stimmrecht gegeben werden könne. Wie die Regierung allerdings unter den kuwaitischen Frauen die Widerstandskämpferinnen herauszufiltern gedenkt, bleibt vorerst ihr Geheimnis. Nachdem die Sabahs die Tür in dieser Frage einmal geöffnet haben, werden die Stimmen, die schon früher ein allgemeines Frauenwahlrecht gefordert haben, wieder lauter werden.

In den Kreisen der kuwaitischen Inlandsopposition stoßen die verschiedenen Ankündigungen der Herrscherfamilie der Sabahs auf Skepsis. „Wir glauben, daß das Kriegsrecht der erste Schritt ist, die Opposition auszuschalten“, meint Khalid al Wasmi, Professor und Oppositionspolitiker. „Wir haben keinen Grund, der Regierung zu vertrauen.“ Korrespondenten in Kuwait-Stadt berichten, daß die Zahl der Kontrollpunkte in den Straßen der Stadt zugenommen habe. Nachts herrscht eine Ausgangssperre, und die Arbeitsbedingungen der Journalisten wurden eingeschränkt. Sie dürfen einige Gebiete der Stadt nicht mehr betreten, und den Mitgliedern der Opposition wird nahegelegt, nicht mit Pressevertretern zu sprechen. Wenn der Kronprinz auch Berichte über Exekutionskommandos zurückwies, so schlafen die meisten Oppositionellen nach dem Anschlag auf einen Rechtsanwalt nachts doch lieber nicht mehr zu Hause.

Bezeichnend ist auch ein Vorfall auf einer anderen Pressekonferenz. Der Oberst der Armee Said Matar, der als Widerstandskämpfer bekannt ist, hatte sehr zum Mißfallen der anwesenden Regierungsfunktionäre der Regierung vorgeworfen, sie habe seine wiederholten Warnungen vor einer irakischen Invasion ignoriert. Matar hatte vor dem 2. August im kuwaitischen Konsulat in Basra als Militärattaché gearbeitet und unter anderem Geheimdienstmaterial über das irakische Militär nach Kuwait weitergeleitet. Als Matar anfing, zu begründen, warum er seine Kritik an der Regierung öffentlich machen wolle, erklärte der kuwaitische Planungsminister Suleiman Mutawa die Veranstaltung für beendet. Das kuwaitische Außen- und Verteidigungsministerium stehen ohnehin schon im Kreuzfeuer der Kritik, weil sie auf die Invasion nicht vorbereitet gewesen seien oder von dem Einmarsch gar völlig überrascht wurden. Auf Unverständnis stößt auch, daß der Emir selbst offenbar das ferne Riad seiner befreiten Heimat vorzieht. B.S.

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