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INTERVIEW„Ergebnisse des Dialogs müssen eingehalten werden“

■ Leandro Uzquiano, Kandidat der Convergencia Democratica (CD) für das Bürgermeisteramt der Hauptstadt San Salvador, über die Chancen der Opposition und die Zukunft des mittelamerikanischen Landes

taz: Senor Uzquiano, was ist das Besondere an diesen Wahlen?

Leandro Uzquiano: Sie finden während der Bemühungen um eine Verhandlungslösung zwischen Regierung und FMLN statt. Wenn die ARENA die Mehrheit im Parlament verliert, dann können die Oppositionsparteien darüber wachen, daß die Ergebnisse des Dialogs auch respektiert werden. Außerdem soll das Parlament einen Puffer bilden gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung und die Reformen im Justizwesen vorantreiben.

Warum ist es zumindest in der Hauptstadt San Salvador zu keiner Einheitskandidatur der Linken gekommen?

Die Convergencia Democratica (CD) wurde 1988 gegründet, nachdem die Politiker des Linksbündnisses FDR aus dem Exil zurückkamen. Mit der KP-nahen UDN gab es kein Abkommen. Ihre Rückkehr war stürmisch und ihre Arbeit mit der Convergencia Democratica nicht koordiniert. Letzten August äußerte die UDN dann über die Presse den Wunsch, der CD beizutreten ohne uns vorher zu fragen. Ihre Positionen sind eng an die FMLN angelehnt, scheint manchmal sogar deren Sprachrohr zu sein. Die Convergencia Democratica hat hingegen versucht, ihre eigene, unabhängige Position zu entwickeln. Dennoch hat sie große Anstrengungen gemacht, einen gemeinsamen Kompromißkandidaten zu finden. Weder die UDN noch die Christdemokraten haben jemals eine solche Konsensfigur präsentiert.

Vor einem Jahr in Nicaragua schwärmten Tausende internationale Beobachter aus, die einen korrekten Ablauf der Wahlen garantierten. Auch hier gibt es erstmals Beobachter, diesmal Vertreter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). Läßt sich die Situation vergleichen?

Nein. Nicaragua war auf eine Veränderung vorbereitet. Die Sandinisten mußten entweder die internationale Ächtung oder den Verlust der Macht riskieren. In El Salvador sind die Leute darauf nicht vorbereitet. In einem Punkt stimmen die meisten Umfragen überein: 70 Prozent der Bevölkerung haben Angst, ihre Meinung zu äußern.

Viele Leute sagen, daß die Krise der Linken mit dem Verschwinden des Proletariats zusammenhängt. In El Salvador ist die Arbeiterklasse verschwindend klein gegenüber dem informellen Sektor. Welche Pläne hat die Convergencia für diese Gesellschaftsschicht?

Wir planen ein neues Konzept der städtischen Entwicklung in sogenannten integralen Entwicklungsbrennpunkten, die den sozialen Wohnungsbau mit Volksbildung, Gesundheit und Freizeitgestaltung verknüpfen. Die Marktverkäufer sollen wie Klein- und Kleinstunternehmer behandelt und wie die Genossenschaften und Kleinbauern integriert werden. Es geht dabei vor allem um die Vermarktungsmechanismen.

Außerdem wollen wir die Befriedigung der Grundbedürfnisse der Bevölkerung unseres Landes in einen umfassenden Ökologieplan einbeziehen. Die Umwelt muß in die sozialökonmische Entwicklung des Landes einbezogen werden. El Salvador ist leider in ganz Lateinamerika das Land mit den größten Umweltproblemen, angeblich sogar noch vor Haiti. In unserem Programm fordern wir die Schaffung von grünen Lungen für San Salvador. Der Acelhuate-Fluß muß gereinigt werden. Gleichzeitig kann er für die Gewinnung von Bioenergie genutzt werden. Und mit Aufforstungsprojekten und Sanierungsprogrammen können wir darüber hinaus Arbeitsplätze schaffen.

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