: „Bürgerliche“ Pressefreiheit unerwünscht
■ Die Medien in den Republiken orientieren sich streng an den jeweils nationalen Vorgaben
„Frei“ und „unabhängig“ nennen sie sich jetzt alle. Der Zagreber 'Vjesnik‘, die Ljubljaner 'Delo‘ ebenso wie die 'Nova Makedonia‘ aus Skopje. Doch wer sich ein wenig erinnern mag: Als „frei“ bezeichneten sich alle drei Tageszeitungen schon in der Zeit, als sie im Titelkopf noch den Zusatz „Proletarier aller Länder“ trugen. Waren sie einst von den Kommunisten dominiert, so sind sie seit etwa einem Jahr fest in den Händen der neuen Demokraten — oder vielleicht lieber Nationalisten? Denn vom äußeren Erscheinungsbild her hat sich nichts geändert, inhaltlich fand nur eine plumpe Umkehrung der alten Propaganda statt. Pries man noch vor wenigen Jahren „den jugoslawischen Weg zum Sozialismus“, so gibt es jetzt nurmehr ein Thema: die eigene Nation.
Es gibt keine einzige Tageszeitung, keine Rundfunk- oder Fernsehstation mehr, für die der Staat Jugoslawien noch existiert. Das kroatische Fernsehen beginnt seine Tagesschau allabendlich mit den „Inlandsnachrichten des souveränen Kroatien“. Als erstes im Bild: „Staats“- Präsident Franjo Tudjman — wohin er gereist ist, wen er empfangen hat usw. Etwas später dann die „Auslandsnachrichten“, Schreckensmeldungen aus Albanien, Serbien, Makedonien — alles nach Franjo Tudjmans Wünschen, keine Kritik von Oppositionellen, von nicht Tudjman-treuen Wissenschaftlern. Selbst Unterhaltungskünstler präsentieren „saubere“ kroatische Kultur. Das Wort „jugoslawisch“ ist verpönt. Und wer in Kroation lebt, der kann zwar Satellitenprogramme empfangen, doch wo verkabelt wurde, da sucht man vergebens nach dem serbischen Fernsehen.
Doch in dieser Einseitigkeit steht Serbien keinesfalls nach. RTL kann man in Belgrad sehen, nicht aber in Zagreb. Selbst das rumänische Fernsehen ist leichter zu empfangen als das Privat-TV „Yutel“ aus Bosnien. Wer sich in Belgrad informieren will, der kann zwischen fünf Blättern wählen, alle gedruckt im Parteihaus „Politika“, alle in der Hand des Ex- Kommunisten Slobodan Milosevic, heutiger „Staats“-Chef Serbiens und Vorsitzender der Sozialistischen Partei. „Führen Sie kroatische Zeitungen?“ — eine Frage, die man sich am Kiosk besser verkneift. Denn damit macht man sich verdächtig. Zwar beklagen Intellektuelle in Slowenien, Kroatien oder Bosnien sehr wohl die Gleichschaltung der Presse, es gibt aber ein Hintertürchen, das die neuen nationalistischen Demokraten ihnen gewähren, mit dem sie sich durchaus zufriedengeben: neben den Regierungsblättern tummelt sich in kleiner Auflage manch widerspenstiges Wochenblatt. Zumindest ein TV-Kanal steht der parlamentarischen Opposition offen.
Nicht so in Serbien. Präsident Milosevic erklärte im Parlament, die angespannte Lage im Lande, die Gefahr, die aus den „abtrünnigen Republiken“ drohe, die lasse eine „Pressefreiheit im bürgerlichen Sinne“ nicht zu. Milosevic wörtlich: „Serbien muß geschlossen gegen alle Staatsfeinde vorgehen.“ Wer dies nicht einsehen möchte, der sei Teil der „Fünften Kolonne“. Kritiker wie etwa Vuk Draskovic wurden, obwohl sie bei den Mehrparteienwahlen immerhin 30 Prozent der Wählerstimmen gegenüber der sozialistischen Partei erringen konnten, von den Massenmedien so gut wie gänzlich ausgeschlossen. Auf Samisdatbasis, vom Untergrund aus, dürfen die Oppositionellen agieren. Mehr nicht. Zuwenig Freiraum, sagte Draskovic, und bließ am Samstag zur Demonstration.
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