: „Nicht das nationale Sparschwein“: die ÖTV
Bochum/Berlin (dpa/taz) — Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes haben am Dienstag morgen mit massiven Warnstreiks in die Tarifauseinandersetzung eingegriffen. Die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) verzeichnete 200 Aktionen in mehr als 120 Städten. Neben der ÖTV hatten die Deutsche Postgewerkschaft (DPG) und die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED) zu den Warnstreiks aufgerufen. Busse und Bahnen blieben in ihren Depots, Amtsstuben wurden blockiert und Kindergärten begannen ein paar Stunden später. Die Oberpostdirektion in Saarbrücken meldete, daß nur ein Bruchteil der Briefe zugestellt werden konnte. In Hannover ruhte für eine Stunde der gesamte Personennahverkehr. Ein Schwerpunkt der Warnstreiks, mit dem die Gewerkschaften die breite Zustimmung zur gewerkschaftlichen Forderung nach 10Prozent mehr Lohn für alle 2,3 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst der alten Bundesländer unterstreichen wollten, lag in Nordrhein-Westfalen. In Köln gab es erhebliche Probleme im Berufsverkehr. Tausende marschierten über die Rheinbrücken zu Fuß zu ihrem Arbeitsplatz. Auf dem Kölner Rathausplatz rief der rheinische ÖTV- Chef Werner Foltin unter dem Beifall der zahlreichen Demonstranten: „Wir sind nicht das Sparschwein der Nation. Wir lassen uns nicht verarschen.“ Die ÖTV sprach von „einem hervorragenden Auftakt“ der Warnstreiks und will „ein hohes Maß an Akzeptanz bei Bürgerinnen und Bürgern“ festgestellt haben. Im westfälischen ÖTV-Bezirk, der seinen Sitz in Bochum hat, beteiligten sich nach Angaben einer Sprecherin über 40.000 Menschen an den Aktionen. An den extra eingerichteten ÖTV- Beratungstelefonen sei es weitgehend ruhig geblieben. Im Ruhrgebiet wird am Mittwoch mit großen Verzögerungen im Berufsverkehr gerechnet. Der gesamte öffentliche Nahverkehr soll von ÖTV und GdED gemeinsam bestreikt werden. In Dortmund erwartet man die Stillegung des gesamten Innenstadtverkehrs. Der Streik traf diesmal nicht nur das gemeine Volk. In Düsseldorf ereilte das Schicksal auch die Beigeordneten der Stadt. Ihre Fahrer mochten nicht mehr fahren.
Als „unfair“ kritisierte die Vorsitzende der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und Finanzministerin Schleswig-Holsteins, Heide Simonis (SPD), die Warnstreiks. Der Verlauf der Verhandlungen biete dafür keine Berechtigung. J. S.
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