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Arbeit nur mit sozialer Sicherung

■ 68.000 BremerInnen arbeiten auf 480-Mark-Basis weitgehend ungeschützt

Nur durch eine Indiskretion war es herausgekommen: 6Millionen310Tausendund963 Frauen und Männer arbeiteten 1990 bundesweit in ungeschützten Arbeitsverhältnissen auf 480-Mark-Basis. Diese Zahl, von Krankenkassen und Versicherungsträgern erfolgreich verschwiegen, stellt bisherige Schätzungen weit in den Schatten: Denn lediglich 2,8 Millionen hatte eine repräsentative Untersuchung für den Bundesarbeitsminister 1987 ergeben.

Wenn sich die Zahlen in den alten Bundesländern in nur drei Jahren mehr als verdoppelt haben, wie sieht es dann in Bremen aus, wo überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit weit eher zu solch ungesicherten Jobs verleitet? Das fragte sich die Arbeiterkammer, Interessenvertretung für 140.000 Beschäftigte in Bremen, und begann zu rechnen.

Wenn in Bremen 1,35 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigen arbeiten, und wenn weiter der Anteil derjenigen, die sozialversicherungsfrei beschäftigt sind, ähnlich groß ist, dann wären 1990 immerhin 85.000 Menschen in Bremen in solchen 480-Mark-Jobs eingesetzt gewesen, 70 % von ihnen Frauen. 20 Prozent der ArbeitnehmerInnen im Rahmen der sog. „Geringfügigkeitsgrenze“ sind allerdings nicht ausschließlich auf diese Einnahmequelle angewiesen, da sie noch ein anderes (Voll-)Arbeitsverhältnis haben.

Bleiben 68.000 ArbeitnehmerInnen in Bremen, die außer diesen 480 Mark kein weiteres Lohneinkomen haben. Und selbst wenn sie 20 Jahre lang mit einem solchen Vertrag arbeiten — einen Anspruch auf Rente erarbeiten sie sich damit nicht. Genau so wenig wie all jene Frauen, die in privaten Haushalten „geringverdienend“ arbeiten: sie werden auch nicht von dem 1990 eingeführten Sozialversicherungsausweis und der damit verbundenen Meldpflicht erfaßt. Ihr geschätzter Anteil an diesem Arbeitsmarkt: 25 %.

Forderung der Arbeiterkammer aus ihrer Modellrechnung: „Soziale Absicherung von der ersten Stunde Lohnarbeit an.“ ra

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