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Keine Gnade

■ Dem todkranken Ex-Brigadisten Prospero Gallinari wird die Verlegung in ein Krankenhaus verweigert

Rom (taz) — Das italienische Justizsystem mißt wieder einmal mit zweierlei Maß: Während die Richter bei Mafiosi jede Möglichkeit zur Entlassung, Hafterleichterung und auch zum Freispruch nutzen, können sich ehemalige Mitglieder des „Bewaffneten Kampfes“ nicht derselben Liberalität erfreuen. Ein voriges Jahr verabschiedetes Gesetz zum Freigang für Häftlinge, die langjährige Strafen absitzen und sich glaubwürdig von den „Roten Brigaden“ oder der „Prima linea“ abgewandt haben, wird seit Monaten faktisch nicht mehr angewendet. Dagegen hat der Kassationsgerichtshof mehr als drei Dutzend bereits in zwei Instanzen verurteilte Mafia-Bosse und mutmaßliche Killer freigelassen. Sie wurden nach öffentlichen Protesten durch ein Notdekret der Regierung wieder inhaftiert.

Eben jener Senat, der die Mafiosi auf freien Fuß gesetzt hatte, verweigert nun dem zu lebenslänglich verurteilten Prospero Gallinari die Verlegung aus dem Gefängnis in ein Zivilkrankenhaus. Gallinari liegt wegen der bei seiner Festnahme 1980 erlittenen Kopfverletzungen und eines unheilbaren Herzleidens im Sterben.

Gallinari könnte nur noch eine Begnadigung durch den Staatspräsidenten helfen. Dies ist jedoch unwahrscheinlich, denn der derzeitige Amtsinhaber gehörte als Innenminister und Ministerpräsident seinerzeit zu den Urhebern eben jener Gesetze, die das zweierlei Maß in das italienische Strafsystem eingeführt haben. Werner Raith

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