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Plausch mit dem Schneemensch

■ Exklusivinterview des Alpin-Teams der Berlin-Redaktion mit einem Yeti über seine Osterrituale

SSie sind sagenumwoben und geheimnisumwittert — vor allen Dingen aber sind sie eine kleine, radikale Minderheit. Welcher anderen Gattung ist es sonst gelungen, den Menschen mit solch chronischer Nichtachtung zu strafen, wie den Yetis. Die Schneemenschen gelten als ausgesprochen kamerascheu und interviewfeindlich: Bei Exkursionen ins Umland gelang es unserem Alpin-Team nach monatelangen Bemühungen, den Konkurrenten von CNN ein Schnippchen zu schlagen und das erste transkribierte Interview mit einem Yeti zu führen. Dabei stellten sich, was die österlichen Rituale betrifft, verblüffende Ähnlichkeiten zwischen beiden Kulturen heraus.

taz: Warum scheuen Sie die Öffentlichkeit ? Das ist ja, wenn ich richtig rechne, das erste Mal, daß Sie einem Menschen unter die Augen treten...

Yeti: Gar nicht wahr. Erst vor kurzem ist einer von euch hier herumgestapft. Wir haben ihn nur aus Versehen gar nicht beachtet, weil er aussah wie einer von uns.

Sie meinen Reinhold Messner, den Bergsteiger?

Schon möglich. Wir haben ihn »Der mit dem Schlafsack tanzt« genannt, weil er ständig in dieser Daunentüte rumgehüpft ist. Ihm war offensichtlich ziemlich kalt.

Nun zum eigentlichen Grund unseres Gespräches. Uns ist zu Ohren gekommen, daß Sie aufgrund langjähriger Kontakte mit unserer Zivilisation ebenfalls eine Art Osterbrauch eingeführt haben?

Stimmt — mit der Einschränkung, daß wir Ihre Gattung in der Regel nicht als zivilisiert bezeichnen. Wir Schneemenschen haben vor sechs Jahren das erste Mal beobachtet, wie eine Ihrer Expeditionen auf fünftausend Meter Höhe ein paar seltsame Rituale aufführte. Sie haben Goretex-Eier, Suppenwürfel und Teebeutel angemalt und im Schnee verbuddelt. Die anderen sind dann losgerannt und haben das Zeug wie verrückt gesucht und dabei Quietsch- und Jubellaute ausgestoßen. Wir dachten erst, die Kerls hätten Probleme mit der Höhenluft, aber nach ausführlicheren Feldstudien sind wir dann zu dem Schluß gekommen, daß es sich um einen festen Brauch handeln muß. Was feiert ihr da eigentlich?

Die Auferstehung Jesu Christi beziehungsweise die Ankunft des Osterhasen.

(Yeti kichert) Die spinnen, die Bergsteiger.

Was sucht man denn in Ihrem Kulturkreis an Ostern?

Na alles, was ihr so übrig laßt. Tiefgefrorene Alpinisten, alte Schlafsäcke, leere Batterien, eben euren ganzen Müll. Unsere Jungyetis sind leider völlig vernarrt in das Zeug. Wir haben diese Unsitte jetzt kanalisiert, indem wir sie einmal im Jahr suchen lassen. Allerdings trägt diese Angewohnheit sehr zur Verweichlichung bei. Mein Jüngster wollte letztes Jahr ein kältefestes Zweimannzelt in seiner Schneehöhle aufstellen. Die Sucherei ist außerdem nicht ungefährlich. Ich habe mir neulich auf siebentausend Meter die linke Pfote an einer japanischen Thunfischdose aufgeschnitten. Dieser Mistkerl von Bergsteiger hatte das Ding einfach ausgeschlürft und dann weggeschmissen.

Könnten Sie sich nicht vorstellen, das nächste Osterfest mit einer internationalen Expedition gemeinsam zu feiern — quasi im Sinne einer gattungsübergreifenden Völkerverständigung? Wir würden darüber natürlich exklusiv berichten...

Danke für das Angebot. Aber unser gattungsübergreifendes Kontaktbedürfnis ist fürs erste gesättigt.

Das Gespräch führte ohne Sauerstoffgerät und andere technische Hilfsmittel Andrea Böhm.

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