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Übernimmt die Sparkasse die bremische Politik?

■ Sparkassen-Vorstand Nölle könnte als CDU-Spitzenkandidat Bürgermeister Wedemeier Wirtschafts-Prestige nehmen

Koschnick: „Konkurrenz belebt das Geschäft“

“Ich möchte die Position der Bremer Sparkasse mit wenigen Worten umreißen“, erklärte das Vorstandsmitglied Ulrich Nölle am 12. März beim Pressestammtisch der Sparkasse: Aufgabe des Staates sei es, „den Kräften des Marktes ihre Entfaltung zu ermöglichen“. Konkret forderte er weniger Naturschutz-Flächen und mehr Bauland für Gewerbe und auch steuerzahlende Häusle- Bauer, weniger „soziale Wohltaten“, stattdessen die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und den Abbau von Personal im öffentlichen Dienst.

Das Programm der Sparkasse könnte bald Wahlkampf-Programm der CDU werden: Gestern abend hatte der CDU-Vorstand

sich mit dem Thema zu befassen, wer Spitzenkandidat für die Bürgerschaftwahl werden will, und das erst im Februar frischgebackene CDU-Mitglied Nölle gilt als aussichtsreicher Kandidat. Weder Nölle noch die Bremer CDU wollten die Nachricht gestern dementieren.

Nölle selbst läßt sich verleugnen — er sei auf „Dienstreise“, teilte ein Sparkassensprecher mit. Seine Vorstandskollegen hatte er in seine politischen Ambitionen nicht eingeweiht — immerhin sitzt in der Runde das SPD- Mitglied Rebers. Der Sparkassenvorstand entnahm gestern der Zeitung, wie konkret die Kandidatur Nölles von der CDU gehandelt wird.

Auch der Vorsitzende des Verwaltungsrates der Sparkasse, Hans Koschnick, hatte bisher nur Gerüchte über Nölles politische Ambitionen gehört. Allerdings gilt für den Altbürgermeister auch in der Politik die Parole 'Konkurrenz belebt das Geschäft'. Koschnick sorgt sich keineswegs um die SPD, wenn ein Wirtschafts-Mann an der Spitze der CDU antreten würde. „Warum auch? Wir wollen doch alle, daß die Leute aus der Wirtschaft, Arbeitnehmer und Arbeitgeber, gemeinsam sich engagieren und die Aufgabe nicht den Syndis überlassen. Nicht den Gewerkschaftssekretären, nicht den Industriekapitänen, nicht den Sekretären der Handelskammer. Ist es nicht besser, wenn Leute, die unmittelbar Verantwortung haben, die Aufgabe wahrnehmen?“

Unter taktischen Gesichtspunkten könnte die SPD sogar Vorteile aus einer Spitzenkandidatur des Sparkassen-Vorstandes ziehen. Denn einerseits könnten die Stimmengewinne einer deutlicher als Wirtschafts-Partei auftretenden CDU auch auf Kosten der FDP gehen; falls die SPD einen Koalitionspartner braucht, wäre ihr eine geschwächte FDP ganz lieb. Zum anderen ist Nölle in der Politik bisher unerfahren; daß er die verschiedenen Sensibilitäten in der CDU auf Anhieb klug austariert, kann bezweifelt werden. Der 'Weser-Kurier– wollte die Qualifikationen Nölles wohlwollend beschreiben, die Passage liest sich aber wie der Steckbrief eines Heiratsschwindlers: “Der Banker Nölle sieht wie der Bürgermeister gut aus, wirkt darüber hinaus sympathisch.“ Koschnick kommentierte diesen Satz gegenüber der taz höhnisch: „Wenn das der einzige Maßstab ist, dann wäre ich nie gewählt worden.“

Sparkassen-Sprecher Genzmer wies gestern die Frage nach der Parteilichkeit der Sparkasse noch mit dem Hinweis darauf zurück, daß politisches Engagement „Privatsache“ sei, auch für Vorstandsmitglieder. Es gibt allerdings prominente Präzedenzfälle, in denen kleinere Mitarbeiter der Sparkasse ihren Job aufgeben mußten, als sie in der Politik aufstiegen: etwa Horst-Jürgen Lahmann, als er FDP-Chef wurde. Dieter Klink übte als einfacher Abgeordneter eine Nebentätigkeit als volkswirtschaftlicher Berater des Sparkassenvorstandes aus, dies allerdings nur, bis er Parlamentspräsident wurde. Dann gab er diese Tätigkeit auf — „freiwillig“ natürlich. Die Sparkasse mußte auf ihr Image von Neutralität achten. K.W.

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