»Smell of Female«-Festival

■ Wenn Girls nicht mehr grübeln

Laut, heftig und stellvertretend: Häwi Mädels

An diesem Wochenende stehen im Ecstasy nur Frauen auf der Bühne, allerdings ist der Eintritt offen für beiderlei Geschlecht, den Männern wird das Erscheinen sogar explizit nahegelegt.

Es rufen die Girlgroups des »Smell of Female«-Festivals. Der von einem Live-Album der Cramps — immerhin eine paritätisch besetzte Band — entliehene Titel bedeutet, daß es musikalisch ganz unzimperlich, ja sogar recht roh zur Sache gehen wird. Die Veranstalter berufen sich auf das vom Musikjournal Spex, das immer für schöpferische, vieldeutige Kategorisierungen zu haben ist, eingeführte Schlagwort des Girlism. Nur Wenige haben die Ambivalenz dieses Begriffes voll erfaßt. Er betont das angebliche Charakteristikum von Girls, nämlich frech, fordernd und begehrend zu sein, als selbstverwirklichendes Moment, was heißen soll: nicht jammern, sondern motzen; nicht grübeln, sondern machen; nicht von den Jungs abgrenzen, sondern es ihnen zeigen. Vielleicht bedeutet Girlism einfach Selbstverständlichkeit und Selbstsicherheit. Aber wahrscheinlich habe ich das als Typ sowieso falsch verstanden.

Auf jeden Fall grenzen sich die meisten der musizierenden Frauen, die auf dem Festival erscheinen wollen, bewußt von der Bezeichnung Frauenband ab, wollen lieber Girlgroups, Weiber oder Schlampen genannt werden. Sie haben anscheinend Angst, irgendwie mit dem Begriff der Emanzipation in Verbindung gebracht zu werden, der auch bei vielen anderen Frauen seltsamerweise in Verruf gekommen ist.

Girls wollen sexy sein, mit ihrer Wirkung auf Boys spielen, hart sein, weich sein, aus dem Bauch handeln. Und sie spielen zusammen mit anderen Frauen, weil da ein besseres Feeling rüberkommt, das Verständnis untereinander größer ist, und weil letztlich keine Typen ihnen ihre Vorstellungen von Musik aufdrücken, denn Jungs wollen sich immer durchsetzen, gerade Mädels gegenüber.

Mitangeregt wurde das »Smell of Female«-Festival von der Berliner Band The Cheerleaders, die auch zusammen mit sieben weiteren Damenkapellen aus deutschen Landen das Programm bestreiten. Ihr kratziger Gitarrenbeat mit ordentlich rockigem Background ist in dieser Stadt schon seit zwei Jahren äußerst beliebt. Auch aus der Berliner Untergrundhöhle erheben sich die She-Devils, die dem berüchtigten Biker-Movie »She-Devils on Wheels« nahestehen. Gefährlicher Nachtschwärmer-Rock'n'Roll!

Die Häwi Mädels setzen da noch einen gehörigen metallischen Hammer drauf. Sie kennen keine Berührungsängste gegenüber den verschiedensten Spielarten von Rockmusik, nur muß es laut und heftig zusammenkommen.

Eine kleine Besonderheit ist die Reformation des schmachtenden Country-Duos Tumbling Hearts, die vor etwa fünf Jahren die Clubs eroberten, damals begleitet von der hieigen Blues- und Country-Creme der Legendary Golden Vampires und der Nirvana Devils. Diesmal dürfen sie ihre ehemalige männliche Backingband nicht mitbringen und müssen selbst zu Gitarre und Maulztrommel greifen. Dies gilt als Geheimtip.

Aus Hamburg erscheinen die Mobylettes, die sich in einem fingierten Interview für Prinz mit den Girlgroups der Fünfziger und Sechziger vergleichen und auf Schmachtthemen setzen, sowie die Kapelle Die Braut haut ins Auge. Letztere versuchen Sechziger und Achtziger mit dem WahWah-Pedal zu verbinden, singen teilweise französisch und finden Männer langweilig, weil sie deren immergleiche Wünsche und Vorstellungen zu kennen glauben. Deshalb spielen sie lieber mit ihren eigenen Ideen.

Schließlich kommen aus Frankfurt noch die Schlampen, The Slags, in ihrer Heimat schon berüchtigt und als möglich deutsche Antwort auf L7 denkbar. Mal sehen und hören, ob sie auch so dröhnend hinlangen wie ihre amerikanischen Schwestern. Immerhin versprechen sie wilde Verwurstung von Hendrix- und REM-Songs. Matador fallen aus, welche Girls hierfür einsprinegn, war kurzfristig nicht in Erfahrung zu bringen. Das nächste »Smell of Female« ist schon anvisiert und soll dann international besetzt werden. In diesem Sinne: smell the magic! Schwalbe

Am Freitag spielen Tumbling Hearts, Cheerleaders, She-Devils, Trash Groove Girls und Gäste ab 21 Uhr im Ecstasy, am Samstag um dieselbe Zeit Slags, Häwi Mädels, Mobylettes und Die Braut haut ins Auge.