: AL kritisiert Abschreibungsmethoden
■ Steuervorteil für sparsame Sanierungsträger und Instandsetzungsrechte für Mieter könnten Altbauten retten, behauptet die AL/ SPD stimmt zu: Förderungsrichtlinien müssen überarbeitet werden
Berlin. Für die Beseitigung des Wohnungsnotstandes könne mehr privates Kapital mobilisiert werden als bisher, erklärte gestern Elisabeth Ziemer, baupolitische Sprecherin der Fraktion AL/Bündnis 90. Das Berlinförderungsgesetz müßte so geändert werden, daß nicht mehr diejenigen Eigentümer steuerlich am meisten begünstigt werden, die für die Instandsetzung und Modernisierung am meisten Geld ausgeben. Die größten Steuervorteile solle der Eigentümer genießen, der mit den geringsten Kosten die sinnvollsten Sanierungsmaßnahmen vornehme. Belohnt würde auf diese Weise jeder, der mit einer kostengünstigen Sanierung die Mieten günstig hält, so Ziemer. Mieter könnten mehr als bisher zur Eigeninitiative motiviert werden, wenn auch sie in den Genuß von Steuerermäßigungen kommen könnten. Dabei sollten Mieter ihre Wohnung auch modernisieren dürfen, wenn der Hausbesitzer dagegen ist. Lediglich der Bezirk müsse dann dem Vorhaben zustimmen.
Eine Änderung der Förderungsgesetze sei deshalb dringlich, weil durch den schlechten Zustand der Häuser im Ostteil der Stadt die staatlichen Zuschüsse für die Instandsetzung von Altbausubstanz nicht genügen. In allen Bezirken seien 110.000 Wohnungen modernisierungsbedürftig, erklärte gestern Bernhard Ziegler von der AL. Dabei seien nur Häuser berücksichtigt, die bis 1918 gebaut wurden und bei denen weder Toilette noch ein Bad in den Wohnungen eingebaut worden ist. Wenn man annehme, daß Eigentümer in den kommenden zehn Jahren jede zweite Wohnung mit Hilfe von staatlichen Zuschüssen überholen wollen, müßte Berlin jährlich 660 Millionen Mark zuschießen. Dieses Jahr fehlen nach Angaben des Bausenators mehrere 100 Millionen Mark. »Der Wettlauf gegen den weiteren Verfall ist so nicht zu gewinnen«, befürchtet Ziegler.
Otto Edel, baupolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, erklärte gestern der taz, daß er die Kritik der AL teile. Die Berlinförderung bevorteile Hauseigentümer auch aus seiner Sicht doppelt. Erstens könnten sie nach einer Modernisierung die Jahresmiete um elf Prozent erhöhen, ohne sie wieder reduzieren zu müssen, wenn die Bewohner mit der Mieterhöhung die Instandsetzung abbezahlt haben. Dafür würden Eigentümer auch noch steuerlich belohnt. Edel hält es allerdings für fragwürdig, daß Mieter gegen den Willen der Hausbesitzer modernisieren können sollten. Schließlich werde fremdes Eigentum verändert. Aufgrund der finanziell schwierigen Situation meint aber auch der SPD-Abgeordnete, daß die Modernisierungs- und Instandsetzungsrichtlinien dringend überarbeitet werden sollten. Wer allerdings die Berlinförderung antaste, nehme in Kauf, daß »die in Bonn uns alles zusammenstreichen«. Dirk Wildt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen