: Schüsse auf kurdische Demonstranten
■ Zwei Tote bei Protestkundgebung vor irakischer Botschaft in Istanbul/ Schüsse auch in Bonn, Helsinki und Prag
Bei einer Protestkundgebung vor dem irakischen Konsulat in Istanbul sind am Freitag abend zwei kurdische Demonstranten getötet und einer schwer verletzt worden. Nach Informationen der Istanbuler Polizei wurde aus dem irakischen Botschaftsgebäude heraus mit einer Kalaschnikow und einer Pistole auf die etwa 100 Demonstranten geschossen.
Auch in anderen europäischen Städten schossen irakische Botschaftsangehörige auf Demonstranten, die gegen Sadam Husseins Völkermord an den Kurden demonstrierten. Dabei wurde jedoch niemand verletzt. In Prag wurde eine Gruppe von rund 60 kurdischen Studenten aus dem Botschaftsgebäude heraus mit etwa zehn Gewehrsalven beschossen. In Helsinki fielen am Samstag aus der diplomatischen Vertretung des Irak etwa 30 Schüsse auf die Demonstranten, die sich vor dem Gebäude versammelt hatten. Zu dem Vorfall war es gekommen, als einige Demonstranten über den Zaun des Botschaftsgebäudes geklettert waren und versuchten, die irakische Flagge vom Fahnenmast zu holen. Die Schüsse wurden vom finnischen Innenministerium als „äußerst ernst“ kommentiert. Von der finnischen Polizei festgenommen wurden jedoch nicht die Schützen, sondern zwei Demonstranten.
Auch in Stockholm wurde am Sonntag aus dem irakischen Botschaftsgebäude heraus auf eine Gruppe von Kurden geschossen, die versucht hatten, die Botschaft zu besetzen. Die Polizei nahm rund 30 Demonstranten vorläufig fest. In Skandinavien, wo ca. 10.000 Kurden leben, haben die Vorgänge in Irakisch- Kurdistan zu massiven Protesten und beinahe täglichen Demonstrationen geführt. In verschiedenen Städten kam es zu Hungerstreiks, die jetzt jedoch nach Verabschiedung der UN- Resolution gegen den Irak abgebrochen wurden. Auch in Wien beendeten 15 Kurden, die dort im Gebäude der UNO einen Hungerstreik begonnen hatten, ihre Protestaktion.
Mit einigen Warnschüssen in die Luft versuchten Angehörige der kubanischen Botschaft in Bonn am Samstag, etwa zehn Kurden zu vertreiben, die auf das Botschaftsgelände vorgedrungen waren. Die Kurden wollten dagegen protestieren, daß Kuba im Weltsicherheitsrat gegen eine Ächtung der Kurdenverfolgung im Irak gestimmt hatte. Die Bonner Polizei, so ihr Sprecher gestern zur taz, habe es den Demonstranten daraufhin ermöglicht, ihre Stellungnahme für die Presse zu verlesen. Anschließend seien die Demonstranten abgezogen. Welche diplomatischen Konsequenzen die Warnschüsse haben werden, ist noch nicht klar. Das, so das Auswärtige Amt, werde man nach Vorlage eines Berichts der Bonner Polizei entscheiden. afp/dpa/taz
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