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Tour d'Europe

■ Kannitverstan

Über 30 Millionen Menschen in der EG sprechen weniger verbreitete Sprachen. In Irland ist das „Europäische Büro für Sprachminderheiten“ ansässig, das „die weniger verbreiteten, alteingesessenen Sprachen der Europäischen Gemeinschaften, samt ihren assoziierten Kulturen, schützen und fördern“ will. Es arbeitet mit den Organen der EG und dem Europaparlament zusammen. Informationsdienst: „Contact Bulletin“, 10 Sráid Haiste Iocht., Baile Atha Cliath (Dublin) 2.

Diesem Bulletin entnehmen wir, daß 1981 laut einer Volkszählung schottisches Gälisch von 79.297 SchottInnen gesprochen wurde. Das Verhältnis der Gälischsprechenden relativ zur gesamten Bevölkerung Schottlands fiel jedoch auf 1,6 Prozent gegenüber 1,7 Prozent vor zehn Jahren. 1891 waren noch 5,5 Prozent gälischsprachig. In der niederländischen Provinz Friesland gaben 94 Prozent der über Elfjährigen in Jahre 1984 an, Friesisch zu verstehen. 73 Prozent konnten es sprechen, 65 Prozent lesen und 10 Prozent schreiben. Doch der zweisprachige Status der Provinz sei für Durchreisende nicht ersichtlich, da die meisten Wegweiser auf niederländisch geschrieben seien. Wegweiser und Ortsschilder scheinen überhaupt ein wichtiges Symbol, sowohl bei der Unterdrückung, als auch der Selbstbehauptung von Angehörigen sprachlicher Minderheiten zu sein:

Die Südtiroler erbost besonders ein von Mussolini in Bozen/ Bolzano errichtetes Siegerdenkmal mit der lateinischen Inschrift: „Hier sind die Grenzen des Vaterlandes — Von hier aus haben wir die anderen in Sprache, Gesetzen und Künsten kultiviert.“ Faschistische Reminiszenzen sind auch Tausende von italienisch klingenden Namen für Orte, Straßen, Berge und Gewässer, Burgen und Schulen anstelle der alten Tiroler Namen. Im Gegensatz zur französischsprachigen Alpenregion von Aosta in Nordwestitalien, wo die vom Faschismus eingeführten Ortsnamen wieder abgeschafft wurden, haben die Südtiroler bisher nur eine inoffiziell geduldete Doppelsprachigkeit erreicht. Oben auf dem Ortsschild der Hauptstadt steht jedoch Bolzano — und erst darunter Bozen. Im Vischgau hatten im letzten Sommer einige Gemeinden bei einer Ortsschildererneuerung die deutschen Namen an die erste Stelle gesetzt. Die italienischen Behörden stellten umgehend den alten Zustand wieder her.

Die „Internationale Konferenz über Mehrsprachigkeit in Europa“ am letzten Wochenende in Barcelona endete im Tumult. Die Mehrheit der TeilnehmerInnen verabschiedete ein — ungeplantes — Arbeitsdokument über den Schutz von ethnischen Minderheiten. Der Organisator bedauerte diese Entwicklung, mit der sich der Kongreß in die inneren Angelegenheiten Kataloniens und Spaniens einmische. Er wurde von Katalanen und Provenzalen ausgebuht und mußte seine Rede abbrechen. Sein Stellvertreter hatte bereits unter Protest die Konferenz verlassen, weil er von einem katalanischen Professor als „Kolonialist“ beschimpft worden war.

„Baustelle Europa — Abschied von den Nationalstaaten?“ — Chancen für eine europäische Vereinigung der Regionen und Kommunen — heißt eine Tagung am 20. April in Freiburg. Anmeldung bei: Gesellschaft für politische Ökologie, Rieckestr. 26, 7 Stuttgart 1, Tel. 0711-282033. bel

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