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Der sitzende Kunde

■ Protest der Fans gegen die Sicherheitsrichtlinien des DFB

Dortmund (taz) — Der „Protestspieltag“, zu dem am Samstag Fans in der gesamten Bundesrepublik aufgerufen hatten, hat den DFB offensichtlich unter Zugzwang gesetzt. Die „Richtlinien zur Sicherheit bei Bundesspielen“, die von der Sicherheitskommission des DFB aufgesetzt wurden und unter anderem die Einführung reiner Sitzplatzstadien im Profifußball bis zur Saison 1993/94 fordern, sind kein Geheimpapier mehr. Aufgrund der vom DFB nicht kontrollierten Veröffentlichung hat der Verband sich offenbar genötigt gesehen, es endlich auch den Vereinen vorzulegen. In Dortmund erklärte Borussia-Manager Michael Meier der taz, daß er das Papier „am Freitag in der Post“ gehabt habe. Kölns Präsident Dr. Artzinger-Bolten, mit seinem Parteifreund, dem CDU-Fraktionsvorsitzenden im NRW-Landtag Bernhard Worms, in Dortmund, hat es „schon ein paar Tage länger“.

Meier erklärte: „Wenn es nicht nachweisbar ist, daß das Sicherheitsrisiko auf Stehplätzen zu groß ist, sehe ich keinen Grund, warum man eine Struktur ändern soll, die klar und eindeutig ist.“ In Dortmund hatte Meier schon vor längerem geäußert, daß er es für kaum vorstellbar hielte, die Südtribüne, auf der die Borussenfans stehen, in eine Sitzplatztribüne umzufunktionieren. Am Samstag ergänzte er dazu: „Wenn sich das als ein scheinheiliges Argument herausstellt, daß es gar nicht um die Sicherheit, sondern darum geht, mehr Einnahmen zu erzielen, werden das die Kunden sofort merken. Eines haben unsere Kunden nämlich bestimmt: ein ganz feines Gefühl, ob sie veräppelt werden oder nicht.“

Auch Artzinger-Bolten zeigte sich gegenüber den Plänen des DFB eher reserviert: „Bei uns im Stadion passiert ja relativ wenig. Und überhaupt muß man das erstmal in Ruhe prüfen.“ Lachend fügte er hinzu: „Wenn es bei uns aber darauf hinausläuft, daß wir ein neues Stadion bekommen, habe ich gegen den Plan gar nichts einzuwenden.“

In Leverkusen ließen die Fans von Bayer und Kaiserslautern vor dem Anpfiff ihren Block aus Protest leer, in Frankfurt verließ ein Teil der Zuschauer nach dreißig Minuten das Spiel, in vielen Bundesligastadien wurden Unterschriften gegen die Pläne des DFB gesammelt. Christoph Biermann

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