: Für eine Hochzeit ohne Rot und Grün
■ Koalitionsdebatte 5: CDU-Spitzenkandidat Ulrich Nölle wünscht sich einen Senat ganz ohne die SPD
Senator a.D. Franke hat es auf den Punkt gebracht. Jede von den anderen Parteien (CDU, FDP und Grüne) wird genug Sitze mitbringen, um den angeschlagenen Riesen SPD an der Regierung zu halten. Mit anderen Worten: Es ist zwar ärgerlich, daß die absolute Mehrheit verloren geht, aber mit einer der drei Parteien wird die SPD schon weiterregieren. Weiterregieren, als sei nichts geschehen, als stünde die Selbständigkeit Bremens nicht auf dem Spiel und als würde uns unsere Verschuldung nicht an den Rand des Konkurses bringen.
Das Ziel der CDU kann es nicht sein, die SPD an der Regierung zu halten. Das Ziel der CDU muß es sein, daß sich in Bremen die Politik ändert. Niemand kann erwarten, daß uns andere helfen, bevor wir nicht den Versuch unternommen haben, uns selbst zu helfen. Und Handeln tut not, in fast allen Feldern der Politik, in der Finanzpolitik, der Wirtschaftspolitik, der Verkehrspolitik, der Sicherheitspolitik der Schulpolitik, der Kulturpolitik. Kann man sich da vorstellen, daß bei einer solchen politischen Kehrtwende CDU und SPD zusammenpassen? Da ist es doch wohl wahrscheinlicher, daß die SPD sich die Grünen sucht, mit denen die bisherige Politik fast nahtlos fortgeführt werden kann. Die finanzielle Klemme wird zwar schnell alle Träume beenden, daß ist dann aber auch das Verkehrschaos komplett, die Schulvielfalt beseitigt und die bisherige Asyl- und Auslandspolitik zementiert. Der Basis der SPD wäre diese Politik wohl recht, und sie wird sich auch letztendlich durchsetzen — auch gegen die SPD-Spitze.
Aber vielleicht kommt alles ganz anders. Vielleicht erkennt der Wähler, daß die bisherige Politik der SPD uns in die schlimmste Krise geführt hat, die Bremen je zu überstehen hatte. Vielleicht erkennt der Wähler, daß uns erst die beschlossene SPD-Verkehrspolitik das tägliche Chaos beschert hat und vielleicht erkennt er, daß wir in der Schulpolitik, der Asyl- und Auslandspolitik sowie der Sicherheitspolitik so nicht weitermachen können.
Und dann ergeben sich vielleicht am 29. September ganz andere Mehrheiten. Dann stellt sich vielleicht nicht mehr die Frage, ob sich der angeschlagene Riese seine Braut aussuchen kann; vielleicht findet dann eine Hochzeit statt, an der „Rot“ und „Grün“ nicht mehr beteiligt sind.
Für dieses Wahlziel kämpft die CDU! Mit anderen Worten: Für eine CDU stellt sich nicht die Frage, was sie zum Weiterregieren der SPD beitragen kann, sondern allein die Frage, ob es eine Mehrheit im bürgerlichen Lager gibt.
Ulrich Nölle
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen